Zu guter Letzt 11/09: Die ersten Claims

Die European Food Standard Agency hat inzwischen ca. 95 Gruppen von Claims verabschiedet. Da jede Gruppe mehrere (bis über 20) Einzelanträge enthält, wird das Versprechen erfüllt, bis Ende September die ersten 1 000 der insgesamt ca. 4 200 in die engere Wahl gekommenen Anträge zu bearbeiten.

Wie zu erwarten war, wurden die meisten Anträge abgelehnt, zumeist wegen nicht ausreichender Charakterisierung des Wirkstoffträgers (Lebensmittels) bzw. des nicht befriedigenden Nachweises der Wirkung. So waren häufig nur Ergebnisse von Zellkultur- (in vitro-) oder Tierversuchen, aber keine Humanstudien vorgelegt worden.

Es folgen einige Beispiele:

  • Die bisher beantragten (ca. 8) Anträge zu probiotischen Stämmen wurden abgelehnt („eine Ursachen-Wirkungs-Beziehung ist nicht vorhanden“), wobei die Anträge zu den prominentesten Produkten zurückgezogen wurden und neu eingereicht werden.
  • Es gibt aber auch die Formulierung: „die vorliegenden Daten sind unzureichend, um eine Ursachen-Wirkungs-Beziehung aufzuzeigen“ (Wirkung der Soja-Isoflavone auf die Knochendichte oder von Oligopeptiden auf den Blutdruck).
  • Bei den Vitaminen werden die klassischen Wirkungen bestätigt, manche Sonderwirkungen, z. B. die der Pantothensäure auf Haare, Nägel und Haut, aber nicht. Bei Vitamin D erscheint die Formulierung „kann leicht als Teil einer ausgewogenen Ernährung aufgenommen werden“ unverständlich.
  • Die Fettsäuren bekommen ebenfalls wichtige Wirkungen (soweit bisher bearbeitet) bestätigt, so die α-Linolensäure die Senkung des Blut-Cholesterins (aber „unzureichend“ für die Senkung des Blutdrucks) und die Fischölfettsäuren EPA und DHA die Wirkungen auf den Blutdruck und die Blut-Triglyceride (allerdings in der hohen Dosierung von 2–4 g/d).

Das Studium der Zusammenfassungen (s. unter: www.efsa.europa.eu/EFSA/efsa_locale-1178620753824_1178621456747.htm oder über Google – EFSA – Nutrition Claims) ist sehr anregend. Man merkt rasch, wie die EFSA „tickt“ und wo die Fehler bei den Anträgen liegen.

Spannend wird die Frage, wie man mit den „endgültig durchgefallenen Claims“ umgehen wird. Vermutlich wird versucht werden, die Botschaften indirekt über Publikationen an den Mann/die Frau zu bringen. Dies birgt für die Presse zugleich Chancen und Gefahren. Einerseits hat sie die Möglichkeit, gezielt und sachgerecht zu vermitteln, z. B. für Verbraucher, die nach dem „Prinzip Hoffnung“ bestimmte Wirkstoffe trotzdem nutzen wollen. Auf der anderen Seite wird die Wirtschaft versuchen, ungesicherte Werbebotschaften in Form von seriös erscheinenden Nachrichten an die Verbraucher zu bringen. Es graut mir schon, wenn ich daran denke.

Ihr
Helmut Erbersdobler

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