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Nutricia Milupa: A2-Protein Milch als Basis für Säuglingsnahrung

Es war der berühmte Justus von Liebig, der vor zirka 135 Jahren die erste fertige Trockenmilch zur Säuglingsernährung aus ganz normaler Kuhmilch herstellte. Heute ist konventionelle Kuhmilch immer noch die Rohstoffbasis für Milchpulver. Seit einigen Jahren wird aber die sogenannte Urmilch (A2-Protein Milch) diskutiert. Sie wird von Rindern produziert, die zu den ursprünglichsten und ältesten domestizierten Rinderrassen der Welt gehören (z.B. Jersey, Guernsey). Vereinzelt stellen nun auch Höfe in Deutschland, Österreich und der Schweiz A2-Frischmilch und Milchprodukte daraus her.

Das Urrind: Was es damit auf sich hat

Heutige Rinderrassen gehen laut Experten auf den vor zirka 11.000 Jahren domestizierten Auerochsen zurück. In der Stammesgeschichte kam es laut archäologischen Befunden zu einer Aufspaltung in zwei verschiedene Züchtungslinien. Die eine Linie – heute z.B. im asiatisch-pazifi schen und nordamerikanischen Raum lebend – produzierte auf Grund ihrer genetischen Ausstattung reine A2-Protein Milch. Die andere Linie – heute z.B. bei uns vorkommend – erfuhr zufällig eine Abweichung im Erbgut. Diese Rinder produzierten von da an entweder eine reine A1-Milch oder ein Gemisch aus A1 und A2-Protein Milch. In der europäischen Entwicklungsgeschichte hatte dies Vorteile.1, 2, 3, 4

Was macht nun diese Milch so besonders? Und was spricht laut aktueller Forschung für A2-Protein Milch und warum gibt es neuerdings Säuglingsnahrungen aus A2-Protein Milch?

A2-Protein Milch in Deutschland: noch ein Trend in Babyschuhen

Weltweit steigt seit einigen Jahren die Nachfrage nach A2-Protein Milch. Bis zum Jahr 2025 erwarten Marktforscher ein jährliches Wachstum um zirka 15%.5 Der Asien-Pazifi k-Raum verzeichnet derzeit den größten A2-Protein Milch-Marktanteil von zirka 41%. Neuseeland und Australien haben bereits seit vielen Jahren ein umfassendes Marktangebot an Produkten aus A2-Protein Milch für Erwachsene und Kinder. In deutschen Handelsregalen ist die A2-Protein Milch hingegen noch eine Rarität.

Auch europäische Hersteller von Säuglingsnahrung setzen sich derzeit mit diesem Thema auseinander, denn A2-Protein Milch als Rohstoff ist genau so sicher wie herkömmliche A1-Milch.6 Seit kurzem sind auch europaweit A2-Säuglingsnahrungen auf dem Markt, die überwiegend Rohstoffe von A2-Protein Milchproduzenten nutzen.

A1 oder A2-Protein Milch? Der Unterschied liegt im Genom der Kühe

Das Wichtigste gleich vorab: Abgesehen von rassebedingten Unterschieden hat A2-Protein Milch die gleiche Qualität wie A1-Milch. Auch der Laktosegehalt ist gleich. Der Unterschied liegt in den einzelnen Fraktionen des Kuhmilch-Eiweißes. Kuhmilch enthält zwei bedeutende Proteingruppen, das Molkenprotein und das Casein. Innerhalb der Casein-Gruppe gibt es unter anderem das sogenannte β-Casein (β-Casein). Es liegt in mehreren Varianten vor. Die A1-Variante und die A2-Variante sind die bedeutendsten. Sie haben, genetisch bedingt, eine unterschiedliche Aminosäuresequenz in ihren Eiweißketten. An der Stelle, an der das A1-β-Casein die Aminosäure Histidin („HIS“ abgekürzt) hat, liegt beim A2-β-Casein wie bei der Muttermilch die Aminosäure Prolin („PRO“ abgekürzt).7

Humanmilch enthält nur eine Form des beta-Caseins, nämlich das sogenannte humane β-Casein.8 Die Sequenzen von A1-β-Casein stimmen mit Muttermilch zu 51,3% überein, die von A2-β-Casein zu 53,0%.9

Der Unterschied zwischen A1- und A2-β-Casein klingt zwar minimal, dennoch hat diese kleine Abweichung im Genom der A2-Kühe Auswirkungen auf die Verdauung von A2-Kuhmilch beim Menschen: Bei A2-Protein Milch wird während der Verdauung kein sogenanntes β-Casomorphin-7 freigesetzt.10, 11

Beta-Casomorphin-7: Stoff mit bioaktiver Wirkung

Seit den 1980er Jahren ist das β-Casomorphin-7 (BCM-7) als bioaktives Opioidpeptid bekannt, das bei Erwachsenen und Säuglingen die natürliche Eigenbewegung des Darmes hemmt und die Absorption unterschiedlicher Elektrolyte beeinflusst.12, 13, 14, 15 Eine „Anti-Diarrhoe-Wirkung“ konnte im Tierversuch und auch in Humanstudien gezeigt werden.16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23

Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) stellte bisher keine Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen der Zufuhr von BCM-7 und unerwünschten Verdauungs- oder Gesundheitseffekten fest. Eine weitere Risikobewertung wird derzeit weder von der EFSA noch von anderen Fachinstitutionen als notwendig angesehen.24, 25 Ob solche Wirkungen des BCM-7 bzw. ihr Fehlen im praktischen Ernährungsalltag erwünscht sind, hängt immer vom Einzelfall ab. Denn in allen Altersstufen verlaufen Verdauungsprozesse individuell und situativ sehr unterschiedlich.

Studiendaten zu A2-Protein Milch: neutrale Lage

Eine steigende Anzahl internationaler Studien untersucht die möglichen Effekte der A1- bzw. A2-Protein Milch auf die Magen-Darm-Symptomatik und den Stoffwechsel. Die Ergebnisse zeigen, dass es einige Hinweise auf positive Wirkungen von A2-Protein Milch gibt, aber es gibt auch widersprüchliche Ergebnisse. Deshalb kann die Wissenschaft keine eindeutigen Empfehlungen für oder gegen A2-Protein Milch geben. Vor allem fehlen laut Max Rubner-Institut oder dem Kompetenzzentrum für Ernährung anspruchsvolle Humanstudien, die eine wissenschaftlich gesicherte Evidenz aufzeigen.

Einzelne Studien zeigen Vorteile von A2-Protein Milch bei milchintoleranten Personen. In einer chinesischen Studie mit 80 milchintoleranten, aber ansonsten gesunden Vorschulkindern hatte z.B. die A2-Protein Milchgruppe weniger Verdauungsbeschwerden, deutlich geringere Stuhlfrequenzen und festere Stuhlkonsistenzen. 26 Bei Erwachsenen sind die Daten nicht einheitlich. Sie zeigen sowohl weniger Beschwerden bei A2- Protein Milch unter Milchintoleranten27 als auch leicht geringere gastrointestinale Transitzeiten28, geringere Stuhlfrequenzen28, 29, eine bessere gastrointestinale Toleranz30, eine verzögerte Darmpassage oder auch eine lockerere Stuhlkonsistenz31 bei den Teilnehmenden. Der aktuellste Forschungsbericht hat unter allen untersuchten Aspekten einzig im Bereich der Verdauung leicht vorteilhafte Auswirkungen von A2-β-Casein aufgezeigt.32

Säuglingsnahrung: A2-Protein Milch als Rohsto

Es gilt als wissenschaftlich anerkannt, dass die Verwendung von A2-Protein Milch als Rohstoff für die Säuglingsnahrung (SN) die BCM-7-Bildung im Darm reduziert.33 A2-Protein Milch und daraus hergestellte Produkte entsprechen dem geltenden EU-Verordnungswerk und sind für die Ernährung von Säuglingen geeignet. Mittlerweile gibt es in vielen Ländern umfassende Erfahrungen mit dem Einsatz von A2-SN im Alltag. Beispielsweise nutzen Neuseeländer, Australier, Chinesen und Amerikaner A2-SN genauso selbstverständlich wie Europäer die hier übliche SN aus A1-Milch.

Fazit: Bisher liegt es im Ermessen von Eltern, Hebammen und Ernährungsexperten, bei Bedarf die am Markt befindlichen Alternativen aus A2-Protein Milch wahrzunehmen und den Nutzen individuell zu bewerten. Derzeit besteht ein umfangreiches internationales Erfahrungswissen zum Einsatz von A2-SN. Zudem gibt es erste wissenschaftliche Hinweise, die leichte Vorteile von A2-Protein Milch in Bezug auf Verdauungsbeschwerden bei Kindern und Erwachsenen hervorheben. Sie müssen nun in breit angelegten und hochwertigen Humanstudien überprüft werden.

 

Impressum: Herausgeber: Nutricia Milupa GmbH, Am Hauptbahnhof 18, 60329 Frankfurt am Main; Inhalt und Redaktion: Dr. Karin Bergmann, Food Relations; Stand: März 2021; Bildverweise: Caroli M, et al. 2016. Molecules 21: 141

Quellenverweise: 1. Caroli M, et al. 2009. J Dairy Sci 92: 5335–5352. 2. Gödert M, et al. 2017. Züchtungskunde: 89 (6): 451–474. 3. Beja-Pereira A, et al. 2003. Nature Genetics 35: 311–313. 4. Beja-Pereira A, et al. 2006.PNAS 103: 8113–8118. 5. www.marketresearchfuture.com/reports/a2-milk-market-6495. 6. Oropeza- Ceja LG, et al. 2018. Nutrients 10 (7): 886. 7. Caroli M, et al. 2016. Molecules 21: 141. 8. Farrel JR, et al. 2004. J Dairy Sci 87 (6):1641–74. 9. www.uniprot.org / uniprot/ (Methode Ähnlichkeitsvergleich nach: Sievers F, et al. 2018. Protein Sci 27: 135–45). 10. Lönnerdal B, et al. 2003. Am J Clin Nutr 77 (6): 1537S–1543S. 11. Pal S, et al. 2015. Nutrients 7 (9): 7285–7297. 12. Daniel H, et al. 1990. Journal of Nutrition 120 (3): 252. 13. Becker A, et al. 1990. Biomed Biochim Acta 49 (11): 1203–7. 14. Defi lippi C, et al. 1995. Nutrition (Burbank, Los Angeles County, Calif.) 11 (6): 751–54. 15. Mihatsch WA, et al. 2005. Biol Neonate 87 (3): 160–63. 16. Tomé D, et al. 1987. Am J Physiology – Gastrointestinal and Liver Physiology 253 (6): 737–44. 17. Tomé D, et al. 1988. Reprod Nutr Dev 28 (4A): 909–18. 18. Mansour A, et al. 1988. Pediatric Research 24 (6): 751. 19. Mahé S, et al. 1989. Reprod Nutr Dev 29 (6): 725–33. 20. Daniel H, et al. 1990. Journal of Nutrition 120 (3): 252. 21. Yvon M, et al. 1994. Reprod Nutr Dev 34 (6): 527–37. 22. Mahé S, et al. 1995. Gastroenterologie Clinique Et Biologique 19 (1): 20–26. 23. Mahé S, et al. 1996. Am J Clinical Nutrition 63 (4): 546–52. 24. EFSA ed. 2009. EFSA Scientifi c Report (2009) 231: 1–107. 25. www. mri.bund.de/ de/ aktuelles/meldungen/meldungen-einzelansicht/?tx _ news _ pi1%5Bnews%5D=159&cHash=f3abda586c361333628edc13e44 96007. 26. Sheng X, et al. 2019. J Pediatr Gastroenterol Nutr 69 (3): 375–82. 27. Ho S, et al. 2014. Nutr Metab Cardiovasc Dis 24(5): 460–69. 28. Jianqin S, et al. 2016. Nutr J 15 (1): 35. 29. He M, et al. 2017. Nutr J 16: 72. 30. Garcia KAP, et al. 2019. Ann Nutr Metab 71: 389–89. 31. Brooke-Taylor S, et al. 2017. AdvNutr 8 (5): 739–48. 32. Küllenberg de Gaudry D, et al. 2019. Nutr Rev 77 (5): 278–306. Die Qualität der Evidenz für diese konkrete Aussage wurde nach dem GRADE-Status mit „mäßiger Sicherheit“ eingestuft. 33. Duarte-Vázquez MA, et al. 2017. Foods 6: 50. Stand: März 2021

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