Corona-Pandemie: Steigende Adipositas-Inzidenz unter Kindern und Jugendlichen
- 07.07.2021
- News
- Redaktion
‚‚Es gibt bei Kindern einen derart klaren Anstieg an Adipositas während der coronabedingten Lockdowns, dass wir hier von einer zweiten, einer `stillen Pandemie´ sprechen“, so AGA-Sprecherin PD Dr. Susann Weihrauch-Blüher. In den Spezialsprechstunden werden teilweise Gewichtszunahmen von bis zu 30 kg in 6 Monaten dokumentiert. Zudem könne man bei Jugendlichen eine deutliche Zunahme der Neumanifestationen von Typ-2-Diabetes beobachten. In den ambulanten Adipositas-Zentren der Kinderklinik Halle und des SPZ der Charité Universitätsmedizin Berlin gab es im Vergleich zum Vorjahr bisher ca. 3-mal so viel neue Typ-2-Diabetes-Fälle bei Jugendlichen mit extremer Adipositas. Angsterkrankungen, sozialer Rückzug und Depressionen haben bei diesen Jugendlichen während der Pandemie in ähnlichem Umfang zugenommen. Repräsentative Daten dazu sind in der zweiten Jahreshälfte zu erwarten.
Als Ursache für die steigenden Inzidenzen werden u. a.die durch Corona eingeschränkten Bewegungs- und Sportmöglichkeiten, ein hoher Medienkonsum und fehlende Alltagsstrukturen diskutiert. „Der Beginn aber reicht wesentlich weiter zurück als die Corona-Pandemie “, betont DAG-Vizepräsidentin Susanna Wiegand. Denn seit Jahren gehe der Trend dahin, dass normalgewichtige Kinder bereits Muskelmasse verlieren und Körperfett aufbauen. Eine Trendwende sei nicht in Sicht. Bei den Kindern und Jugendlichen finden sich bereits im jungen Alter zunehmend Erkrankungen, wie Typ-2-Diabetes oder Fettleber, die sonst erst im Erwachsenenalter aufgetreten sind. Weiterhin haben Kinder mit Übergewicht ein hohes Risiko für eine Adipositas im Erwachsenenalter, die wiederum die eigenen Kinder wesentlich prägen wird.
Daher besteht ein dringender Bedarf an Angeboten, wie Schulungs- und Präventionsmaßnahmen. AGA und DAG fordern, dass Prävention und Therapie der kindlichen Adipositas dringend intensiviert werden. „Stattdessen aber ist die Kostenübernahme von ambulanten evidenzbasierten und leitliniengetreuen Adipositas-Schulungsmaßnahmen noch immer nicht gesichert“, kritisiert Kinder- und Jugendärztin Susann Wiegand.
Neben der genetischen Disposition oder einem adipogenen Lebensstil der Familie können sich aber auch die Lebenswelten der Kinder auf deren Übergewicht auswirken. Daher fordern die ExpertInnen ein kinderfreundlicheres Umfeld etwa durch attraktive Spielplätze, sichere und gute Schul- und Radwege, besseres Schulessen. Politisch Schritte seien für ein gesünderes Aufwachsen der Kinder maßgeblich, so Prof. Dr. Jörg Dötsch, Präsident der DGKJ. Er nennt weitere Beispiele: „Verpflichtende und klare Lebensmittelkennzeichnungen, Verbote für Dickmacher-Werbung, die – z. B. auch durch Influencer - speziell an Kinder gerichtet ist, eine gut strukturierte Vermittlung von Ernährungskompetenz schon von der Kita an.
Quelle:
Deutsche Adipositas-Gesellschaft e.V. (DAG): Adipositas bei Kindern: eine „stille“ Pandemie. Pressemeldung vom 24.06.2021