Online-News: Akzeptanz pflanzlicher Milchalternativen im europäischen Vergleich: In Deutschland kommt Milchersatz aus Pflanzen am besten an
- 08.11.2023
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- Redaktion
Die Studie zeigt, dass innerhalb des europäischen Markts ist die Akzeptanz der neuen Produkte unterschiedlich verteilt ist. Es wurden 3086 Antworten ausgewertet, die im Rahmen des Projekts „The V-PLACE – Enabling consumer choice in vegan or vegetarian food products“ erhoben wurden und von EIT Food, der Lebensmittel-Innovationsgemeinschaft des Europäischen Instituts für Innovation und Technologie (EIT), finanziert wurde. Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Bereitschaft, vermehrt zu pflanzlichen „Molkereiprodukten“ zu greifen wurden in Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Polen und Spanien abgefragt. Die sechs Länder wurden so ausgewählt, dass mindestens ein Land in Nord-, Süd-, Ost- und Westeuropa vertreten war und die unterschiedlichen Marktsituationen in Europa für pflanzliche Lebensmittel widerspiegelt.
Die Projektverantwortlichen sprechen allerdings von einer begrenzten Repräsentativität, da nur Personen in die Untersuchung aufgenommen wurden, die entweder schon pflanzliche „Milchprodukte“ konsumiert haben oder mit diesem Gedanken spielten. Menschen, die daran überhaupt nicht interessiert waren, wurden nicht berücksichtigt.
Deutschland: Gesundheit, Tierwohl und Umwelt spielen große Rolle
Die Analyse im Bereich der pflanzlichen Alternativen zu Molkereiprodukten zeigt, dass neben dem guten Geschmack auch ein angenehmes Mundgefühl und eine variationsreiche Produktpalette relevant für die Verbraucher*innen sind. Von allen untersuchten Ländern hat Deutschland dabei den höchsten Umsatz und das größte Marktpotenzial für diese pflanzliche Lebensmittelgruppe. Insgesamt stieg der Umsatz im gesamten europäischen Markt zwischen 2020 und 2022 um 49 %, was eine steigende Bedeutung von Milchalternativen insgesamt in Europa unterstreicht.
Zudem zeigte sich bei Befragten aus der deutschen Bevölkerung eine besonders kritische Haltung zu dem Thema Tierwohl. Die Themen Tierwohl, Gesundheit und Umwelt spielen laut Studie eine große Rolle bei der Entscheidung, wie oft Menschen pflanzliche „Molkereiprodukte“ verzehren. Vor allem diejenigen, die sich für einen vegetarischen oder veganen Lebensstil entschieden haben, haben eine um 34 %höhere Wahrscheinlichkeit, die pflanzlichen Alternativen häufiger zu konsumieren. Dass die Entscheidung für den Verzehr von pflanzlichen „Molkereiprodukten“ weitgehend von den Ernährungsgewohnheiten bestimmt wird, kann somit bestätigt werden. Zudem beeinflussen soziale Normen und kulturelle Traditionen die Deutschen weniger stark als die Menschen in den anderen Ländern.
Ernährungsgewohnheiten in der Kultur der verschiedenen Länder verwurzelt
Laut Studie zeichne sich das Land Polen als eine Art Gegenstück zu Deutschland aus: Dort werden tierische Milchprodukte als gesund und insgesamt vorteilhaft angepriesen. Dies kann aus Sicht der Wissenschaftler*innen die Abneigung gegen pflanzliche „Molkereiprodukte“ besonders bei Personen erklären, denen Gesundheitsfragen wichtig sind. Dazu kommt jedoch noch ein finanzieller Faktor: Steigt der Preis dieser Lebensmittel, nimmt die Bereitschaft zu ihrem Konsum ab. Darüber hinaus bemängelten die Befragten in Polen oft das Geschmackserlebnis als zu süß oder zu fettig.
Auch die französischen Verbraucher*innen sind laut Studie von pflanzlichen Molkereialternativen schwer zu überzeugen. Vor dem Hintergrund, dass dort der Verzehr von Käse aus tierischer Milch eine lange Tradition hat, scheinen sie großen Wert auf den sensorischen Genuss dieser Lebensmittel zu legen. Ein ähnliches Bild zeigte sich in Italien und Spanien: Bedenken hinsichtlich der sensorischen Eigenschaften und des Geschmacks hinderten die Kaufinteressenten daran, die pflanzlichen Alternativen zu Molkereiprodukten zu konsumieren. Entsprachen die Produkteigenschaften wie Preis, Geschmack, Vielfalt und auch Verfügbarkeit dagegen den Anforderungen der Befragten, stieg die Wahrscheinlichkeit, diese Lebensmittel auch täglich zu konsumieren.
Geschmack entscheidend, nicht die Nähe zum „Milchgeschmack“
Die Autor*innen resümieren, dass die Hersteller Produkte mit verbesserten Rezepturen oder mehr Produktvarianten entwickeln müssten, um mehr Verbraucher*innen zu erreichen. Dies sei besonders wichtig in Italien oder Frankreich, wo die Bedeutung des sensorischen Genusses kulturell verwurzelt ist. Dabei erwarten die Verbraucher*innen nicht zwangsläufig eine Kopie des tierischen Originals, allerdings müsse der Geschmack, also die Kulinarik der Lebensmittel, überzeugen. Das Produkt dürfe dann auch ein neues, eigenständiges Geschmackserlebnis bieten.
Mehr Wissen erhöht Kaufbereitschaft – und zwar in allen Bildungsschichten
Personen, die grundsätzlich offen für pflanzliche Alternativen sind, werden nach Einschätzung der Autor*innen ihren Konsum von pflanzlichen Molkereiprodukten eher beibehalten oder sogar intensivieren. Gemeinsam ist allen befragten Personen, die pflanzliche „Molkereiprodukte" konsumieren oder dem offen gegenüberstehen, dass sie vertiefende Informationen über die Produkte haben möchten. Gerade Verbraucher*innen, die Wert auf qualitativ hochwertige Lebensmittel legen, gehen auch aktiv auf die Suche. Die Autor*innen empfehlen daher leicht zugängliche Informationen auf der Verpackung oder am Verkaufsort zu Fragen der Produktion, den Bestandteilen, Gesundheit und Nachhaltigkeit des Produkts. Auch Empfehlungen in Ernährungsrichtlinien, weniger tierische Molkereiprodukte zu konsumieren oder Evidenz von wissenschaftlicher Seite, mehr pflanzliche „Molkereiprodukte“ zu wählen, könnten ein wichtiges Signal an die Verbraucher*innen sein. Ein weiteres Ergebnis der Studie ist zudem, dass das Bildungsniveau und andere soziodemografische Faktoren keinen statistisch gesicherten Einfluss auf die Konsumhäufigkeit von pflanzlichen „Molkereiprodukten“ haben.
Literatur:1. Hansen, R, Gebhardt, B, Hess, S: Hype or hope? What consumer motives tell us about the prospects for plant and animal-based dairy products in six European countries. Food Qual Prefer 2023; 109: 104910. DOI: doi.org/10.1016/j.foodqual.2023.104910
Quelle: Universität Hohenheim, Pressemeldung vom 07.08.2023