Der Vagus Nerv verbindet u. a. das Gehirn mit dem Darm. © ttsz/iStock/Getty Images Plus

Darm-Hirn-Achse: Nervenzellen erkennen was wir essen

  • 09.07.2021
  • News
  • Redaktion

Während der Nahrungsaufnahme stehen Magen-Darm-Trakt und Gehirn über den Vagusnerv miteinander in Verbindung. Dieser passt u. a. das Sättigungsgefühl und den Blutglukosespiegel an. Kölner WissenschaftlerInnen fanden bei einer Untersuchung von Nervenzellen in der Schaltzentrale des Vagusnerv heraus, dass verschiedene Gruppen unterschiedliche Bereiche im Körper ansteuern und gegensätzliche Funktionen erfüllen. Diese Entdeckung könnte ein wichtiger Baustein für zukünftige Therapien gegen Übergewicht und Diabetes sein.

Bei der Nahrungszufuhr werden Informationen über die aufgenommene Nahrung vom Magen-Darm-Trakt an das Gehirn geleitet und regulieren so das Hunger- und Sättigungsgefühl. Auf dieser Grundlage wird im Gehirn bspw. entschieden, ob wir weiter essen. Zusätzlich werden Informationen über den Blutglukosespiegel vermittelt. Diese Kommunikation verläuft im Wesentlichen über den Vagusnerv, welcher sich vom Gehirn bis in den Magen-Darm-Trakt zieht. In der Schaltzentrale des Vagusnervs, dem Nodose Ganglion, sitzen verschiedene Nervenzellen, von denen einige den Magen und andere den Darm ansteuern. Manche dieser Nervenzellen reagieren auf mechanische Reize der Organe, wie die Ausdehnung des Magens. Andere nehmen chemische Signale, also Substanzen aus unserer Nahrung, wahr.

WissenschaftlerInnen des Kölner Max-Planck-Instituts, des Exzellenzclusters für Alternsforschung der Universität Köln und der Uniklinik Köln haben sich die Aufgabenteilung der Nervenzellen im Nodose Ganglion genauer angeschaut. Hierfür machten sie die verschiedenen Typen von Nervenzellen durch ein genetisches Verfahren in Mäusen sichtbar. Das ermöglichte ihnen zu sehen, welcher Typ Nervenzelle welches Organ ansteuert und welche Signale wahrgenommen werden. Weiter konnten die WissenschaftlerInnen damit die unterschiedlichen Typen von Nervenzellen gezielt ein- und ausschalten, um ihre Funktion während der Nahrungsaufnahme zu ermitteln.

Bei ihren Untersuchungen fokussierte sich das Forschungsteam v. a. auf zwei wichtige Typen von Nervenzellen in dem 1 Millimeter großen Nodose-Ganglion. Es ist anzunehmen, dass die Reaktion unseres Gehirns auf die aufgenommene Nahrung vermutlich ein Zusammenspiel dieser beiden Nervenzelltypen ist. „Einer dieser Zelltypen erkennt die Ausdehnung des Magens. Dadurch werden sie aktiviert, was dazu führt, dass die Nahrungsaufnahme ab einem gewissen Punkt stoppt und die Mäuse deutlich weniger essen. Diese Nervenzellen leiten Appetit-hemmende Signale an das Gehirn weiter und verringern darüber hinaus unseren Blutglukosespiegel.“ erklärt Studienleiter Dr. Henning Fenselau. Die zweite Gruppe von Nervenzellen steuert v. a. den Darm an und nimmt chemische Signale aus unserer Nahrung war. Nahrung mit hoher Nährstoffdichte führt eher zu einer Aktivierung dieser Nervenzellen, was wiederum zu einer Erhöhung des Blutglukosespiegels führt, indem körpereigene Glukose ausgeschüttet wird. Die weitere Nahrungsaufnahme wird jedoch nicht gestoppt. Die beiden Nervenzelltypen in der Schaltzentrale des Vagusnervs erfüllen somit gegensätzliche Aufgaben während der Nahrungsaufnahme.

Die Forschenden zeigten, dass die Nervenzellen zwar aus derselben Schaltzentrale stammen, aber unterschiedliche Regionen im Körper ansteuern und so gegensätzliche Funktionen bei der Steuerung unseres Sättigungsgefühls und des Blutglukosespiegels erfüllen. Dieses Erkenntnisse könnten eine wichtige Rolle bei zukünftigen Therapien gegen Übergewicht und Diabetes spielen.


Quelle:
Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung, Pressemeldung vom 02.06.2021

Literatur:
Borgmann D, Ciglieri E, Biglari N, et al.: Gut-brain communication by distinct sensory neurons differently controls feeding and glucose metabolism. Cell Metabolism 2021, 1-17; DOI: doi.org/10.1016/j.cmet.2021.05.002.

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