Der Kontakt zu einer normalen mikrobiellen Besiedelung in der frühkindlichen Phase ist wichtig für die Entwicklung eines gesunden Immunsystems. © mmpile / iStock / Getty Images Plus
Der Kontakt zu einer normalen mikrobiellen Besiedelung in der frühkindlichen Phase ist wichtig für die Entwicklung eines gesunden Immunsystems. © mmpile / iStock / Getty Images Plus

Kindliches Immunsystem: Mikrobenbesiedelung nach Geburt prägt Lymphknoten im Darm

  • 08.10.2018
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Forscher des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) und des Würzburger HZI-Standortes Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) zeigen in einer aktuellen Publikation, wie die erste mikrobielle Besiedlung des Darmes gleich nach der Geburt die besonderen Eigenschaften der darmassoziierten Lymphknoten bestimmt.

Regulatorische T-Zelle (blau) in Interaktion mit Bakterienzellen. © HZI/Manfred Rohde
Regulatorische T-Zelle (blau) in Interaktion mit Bakterienzellen. © HZI/Manfred Rohde

Die im Darm sitzenden Gerüstzellen der darmassoziierten Lymphknoten werden in den ersten Tagen nach der Entbindung durch die Mikroben des Darmes lebenslang geprägt und geben diese Informationen kontinuierlich an wandernde Immunzellen weiter. Dies berichten die Wissenschaftler des HZI und des HIRI im Fachjournal "Nature Communications". Im Mausmodell zeigte sich, wie die regulatorischen T-Zellen (kurz „Tregs“) mit ihren tolerogenen Eigenschaften in den darmassoziierten Lymphknoten ausgestattet werden. Dies war bisher noch nicht detailliert erforscht.

Tregs bringen anderen Immunzellen bei, welche Eindringlinge wirklich zu bekämpfen sind und von welchen keine Gefahr ausgeht. Sie vermitteln den Immunzellen dabei eine tolerante Haltung gegen Fremdkörper wie Bestandteile bestimmter Nahrungsmittel, Pollen, Tierhaare, aber auch ungefährliche Mikroorganismen.

„Wir werden fast steril geboren. Erst dann beginnt in den ersten Tagen nach der Geburt die sehr schnelle Besiedelung mit den ersten Mikroben. Durch diese frühkindliche Prägung wissen die darmassoziierten Lymphknoten sozusagen, welches ihr Normalzustand ist, in den sie nach einer Infektion wieder zurückkehren können“, sagt Dr. Jörn Pezoldt, Erstautor der Studie.

Mikrobengemeinschaft rüstet Darmzellen aus

Eine besondere Rolle bei der Prägung der Lymphknoten im Darm spielen deren Gerüstzellen. Bisher wurde dieser Zelltyp in seiner Bedeutung ignoriert, aber immer mehr Studien zeigen, dass diese Zellen für die Modulation von hochspezialisierten Immunantworten sehr bedeutsam sind. „Die Gerüstzellen werden direkt nach der Geburt von der Besiedlung der ersten Mikroben im Darm beeinflusst und behalten ihr Gedächtnis ihr ganzes Leben lang. Fest fixiert im Gewebe der Lymphknoten sind diese Zellen selbst unbeweglich, können aber ihre frühkindliche Prägung als Information an andere Zellen des Immunsystems weitergeben, die über die Blut- oder Lymphbahn in die Lymphknoten einwandern“, so Dr. Maria Szente-Pasztoi, ebenfalls Erstautorin der Studie. Dies sei eine sehr clevere Strategie: Die Mikrobengemeinschaft im Darm rüste sozusagen die Gerüstzellen als Schaltzentralen aus, die wichtige Informationen zur Abwehr an andere Immunzellen weiter verteilen.

Die Ergebnisse der Wissenschaftler zeigen, dass ein Kontakt zu einer normalen mikrobiellen Besiedelung in der frühkindlichen Phase sehr wichtig für die Entwicklung eines gesunden Immunsystems ist.



Originalpublikation: Jörn Pezoldt, Maria Pasztoi, Mangge Zou, Carolin Wiechers, Michael Beckstette, Guilhem R. Thierry, Ehsan Vafadarnejad, Stefan Floess, Panagiota Arampatzi, Manuela Buettner, Janina Schweer, Diana Fleissner, Marius Vital, Dietmar H. Pieper, Marijana Basic, Petra Dersch, Till Strowig, Mathias Hornef, André Bleich, Ulrike Bode, Oliver Pabst, Marc Bajénoff, Antoine-Emmanuel Saliba, Jochen Hühn: Neonatally imprinted stromal cell subsets induce tolerogenic dendritic cells in mesenteric lymph nodes. Nature Communications 2018, DOI: 10.1038/s41467-018-06423-7

Quelle: Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

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