Die Blätter, Pulver und Kapseln werden v. a. über das Internet angeboten. In vielen Staaten gehört Kratom zu den zu kontrollierenden Substanzen (ähnlich wie Drogen). Es wird von zahlreichen gefährlichen Nebenwirkungen bis hin zu Todesfällen berichtet. © MysteryShot/iStock/Getty Images Plus

Online News: „Nahrungsergänzung“ Kratom kann abhängig machen und gefährliche Nebenwirkungen haben

  • 12.02.2025
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Kratom, auch als Herbal Speed oder Herbal Speedball bekannt, sind die pulverisierten Blätter des Kratom-Baums (Mitragyna speciosa), der in Südostasien wächst. Die Blätter, aber auch Pulver und Kapseln („natürliches Nahrungsergänzungsmittel“) werden v. a. über das Internet angeboten - oft mit dem Hinweis "nicht für den Konsum geeignet ",jedoch mit gleichzeitigem Verweis auf alternative Quellen und unseriöse Ratgeber. In der ostasiatischen Volksmedizin wird Kratom bei Beschwerden wie Durchfall, Fieber, Entzündungen und Schmerzen sowie bei Angstzuständen und Depressionen verwendet. Manche Sorten sollen auch euphorisierend wirken. Pharmakologen hingegen betrachten Kratom als ein Rauschmittel, das in niedrigen Dosen stimulierend (ähnlich wie Kokablätter) wirkt und in hohen Dosen beruhigend und opioidhaltig. Wissenschaftlich belegte Vorteile von Kratom als Nahrungsergänzungsmittel gibt es nicht. Zudem fehlt eine behördliche Sicherheits- und Wirksamkeitsprüfung für Kratom-Produkte. Unklar ist, ob Kratom in der EU eine Zulassung als neuartiges Lebensmittel benötigt. Anbieter verweisen daher oft darauf, dass ihre Produkte nicht für den Verzehr gedacht sind, um auf rechtliche Grauzonen hinzuweisen. Aussagen über therapeutische Effekte wie "schmerzlindernd" sind für Nahrungsergänzungsmittel gesetzlich verboten. Eine Wirkung gegen Schmerzen, Entzündungen oder Depressionen durch Nahrungsergänzungsmittel ist nicht belegt und Arzneimittel oder Medizinprodukte mit Kratom gibt es in Deutschland nicht. 

Wie gefährlich ist Kratom?
In vielen Staaten gehört Kratom zu den zu kontrollierenden Substanzen (ähnlich wie Drogen), da es süchtig machen kann. Es wird von zahlreichen gefährlichen Nebenwirkungen bis hin zu Todesfällen berichtet. Laut der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) sind zahlreiche unerwünschte Nebenwirkungen von Kratom bekannt, darunter Appetitlosigkeit, Leberschäden, Krampfanfälle, Halluzinationen und Verwirrtheit. In den USA wurden etwa 50 Todesfälle im Zusammenhang mit Kratom gemeldet, möglicherweise aufgrund von Wechselwirkungen mit Medikamenten. Auch ein Abhängigkeitsrisiko besteht. Zu den typischen Nebenwirkungen gehören grippeähnliche Symptome, Übelkeit, Muskelkrämpfe, Durchfall sowie psychische Beschwerden wie Angst, Reizbarkeit und Schlafstörungen. Allergien treten besonders vor dem ersten Gebrauch auf und Verunreinigungen können weitere Reaktionen hervorrufen. Das Alkaloid Mitragynin in Kratom hemmt das Enzym Cytochrom P450, was zu Wechselwirkungen mit Medikamenten führen kann. Auch die Kombination mit Koffein kann zu hohem Blutdruck führen, während die Mischung mit Alkohol eine stärkere beruhigende Wirkung bis hin zur Atemnot verursachen kann. Kratom sollte keinesfalls bei Herzproblemen, insbesondere Tachykardie, eingenommen werden. Da es keine Standardisierung gibt, variiert der Wirkstoffgehalt von Kratom-Produkten erheblich, was die Wirkung unvorhersehbar macht. Verunreinigungen sind ebenfalls möglich. Die FDA warnt weiterhin vor der Verwendung von Kratom und seinen psychoaktiven Verbindungen Mitragynin und 7-Hydroxymitragynin. Zudem wurden immer wieder Kratom-Produkte mit gefährlichen Mengen an Salmonellen, Blei und Nickel gefunden.

Rechtslage
Es ist unklar, ob Kratom als Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel eingestuft werden kann. Da es in der EU seit Mai 1997 nicht regelmäßig konsumiert wurde, gilt es als neuartiges Lebensmittel. Es müsste zunächst eine Sicherheitsprüfung durch die EU durchlaufen, um als Zutat zugelassen zu werden, doch ein entsprechender Antrag wurde bisher nicht gestellt. Aufgrund der unzulässigen Zutat gab es 2023 bereits 15 Warnmeldungen im Europäischen Schnellwarnsystem (RASFF). Eine Einstufung als Betäubungsmittel wurde 2010 vertagt, und auch 2019 wurde nur beraten, aber kein Beschluss gefasst. Laut dem Arznei-Telegramm (2018) wäre eine Listung als nicht verkehrsfähiges Betäubungsmittel jedoch sinnvoll, um Verbraucher*innen zu schützen. Im März 2022 nahm die Gemeinsame Expertenkommission Kratom als neues Thema auf, nachdem eine Marktuntersuchung 2021 durch die deutsche Internetüberwachungsstelle G@ZIELT durchgeführt wurde. In vielen Ländern wie der Schweiz, Australien, Großbritannien und den USA ist Kratom als kontrollierte Substanz eingestuft, ähnlich wie Drogen. 2021 wurden in den USA 207.000 Packungen Kratom beschlagnahmt. Mehr als 30 Staaten weltweit haben eigene Gesetze zur Kratom-Kontrolle.


Quellen:
- Verbraucherzentrale e. V., Pressemeldung vom 18.12.2024
- Food and Drug Administration (FDA): FDA and Kratom, Pressemeldung vom 08.05.2024 (last accessed on 10th February 2025)

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