Lebensmittelhygiene: Wissenschaftler sehen Potenzial für Bakteriophagen-Einsatz
- 10.10.2017
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- Redaktion
Bakteriophagen nisten sich in Bakterien ein und töten diese ab. Dies kann unter anderem bei der Bekämpfung von multiresistenten Keimen helfen. Für Zellen des Menschen, von Tieren oder Pflanzen sind Bakteriophagen dagegen harmlos. In vielen osteuropäischen Ländern werden sie bereits länger eingesetzt, in Deutschland erschweren fehlende Regelungen medizinische und hygienische Anwendungen. Zum Auftakt des ersten Bakteriophagen-Symposiums an der Universität Hohenheim in Stuttgart fordern Wissenschaftler mehr Forschung und eine schnelle und klare Regulierung, um die potentielle Anwendung zu beschleunigen.
Für jedes krank machende Bakterium gäbe es einen passenden Phagen, der es zerstört. Man müsse nur den richtigen finden. Dann ließen sich viele Infektionen bekämpfen – ganz ohne oder auch in Kombination mit Antibiotika, so Dr. Wolfgang Beyer vom Fachgebiet für Infektions- und Umwelthygiene bei Nutztieren an der Universität Hohenheim.
In Deutschland fehlen wichtige Regularien
Auch in der Lebensmittelhygiene könnten Phagen zum Einsatz kommen, zum Beispiel bei der Vorbehandlung von Geflügelfleisch. „Als Schutz gegen die Bakterien kann man Lebensmittel mit einer Phagenmischung besprühen oder auch die Hähnchen kurz vor der Schlachtung mit Phagen behandeln. Auf das Produkt und den Verbraucher hat das keine Auswirkungen.“ Doch auch hier fehle es an entsprechenden Regularien, so Beyer.
In den USA werden Fleisch und Fisch damit behandelt. In Deutschland ist noch kein solches Mittel zugelassen. Das könnte sich bald ändern: So stehe eine niederländische Firma aktuell mit deutschen Behörden im Kontakt für die Zulassung einer Phagenmischung zur Lebensmittel-Behandlung. Ein weiteres Einsatzgebiet wäre die Stall- und Umwelthygiene, zu der Beyer forscht: „Ist in einem landwirtschaftlichen Betrieb einmal eine Tierseuche ausgebrochen, müssen Stall und Abfallstoffe gründlich desinfiziert werden. Auch hierbei könnten Phagen sehr effektiv eingesetzt werden.“
Es sei zwar nicht verboten, Phagen in Deutschland zu vertreiben. Um sie als zugelassenes Arzneimittel auf den Markt zu bringen, seien allerdings teure und langwierige Tests nötig. Dieses Zulassungsverfahren gelte es zu beschleunigen, denn die tradierten Antibiotika würden zunehmend im Kampf gegen multiresistente Keime versagen. „Wir brauchen die Bakteriophagen als Alternative, und zwar jetzt“, fordert der Experte.
Quelle und weitere Informationen: Universität Hohenheim