Food-Trend-Map 2023 © Hanni Rützler/Zukunftsinstitut

Nachhaltigkeit: 10. Food Report

  • 11.07.2022
  • News
  • Stella Glogowski

Im Food Report 2023 beleuchtet Ernährungswissenschaftlerin und Food-Trend-Forscherin Hanni Rützler zusammen mit dem Kulturwissenschaftler Wolfgang Reiter Trends und Entwicklungen aus der Lebensmittelbranche für das kommende Jahr. Der Fokus der 10. Ausgabe liegt auf Nachhaltigkeit, umfasst daher umweltbezogene, soziale und wirtschaftliche Aspekte. Somit stehen die identifizierten Trends, wie auch der Themen-Schwerpunkt zu Fleisch und der Abschnitt „Branchen-Insight“, im Zeichen der Neo-Ökologie, dem laut Zukunftsinstitut wichtigsten Megatrend unserer Zeit.

New Glocal
Multiple Krisen rufen nach einer Re-Regionalisierung und Neuausrichtung des globalisierten Ernährungssystems. Regionale Agrarstrukturen, kürzere und transparente Lieferketten sowie ein neuer Fokus auf Binnenmärkte sind Schritte hin zu mehr Resilienz und Nachhaltigkeit in der Lebensmittelversorgung weltweit. New Glocal wird daher kein vorübergehender Trend sein, sondern Vorbote der nächsten Stufe in der globalen Lebensmittelproduktion mit Fokus auf Regionalität. Dort, wo der Lebensmittelhandel weiter auf internationale Importe setzt, wird es mehr Transparenz entlang der Lieferkette geben, gezieltere Kooperationen mit Fair Trade und Betrieben, die ökologischer oder regenerativer produzieren.

Veganizing Recipes
Traditionelle Gerichte in „veganisierten“ Varianten werden zu einem Teil unserer Esskultur. Hierbei muss nicht ausschließlich auf (hoch-)verarbeitete Ersatzprodukte zurückgegriffen werden, sondern auch mit natürlichen Zutaten wie Pilzen, Kräutern, Hülsenfrüchten, Algen etc. können klassische Gerichte adaptiert werden. Dabei überzeugen (noch) nicht alle veganen Varianten von bekannten Gerichten oder Zutaten, doch der Wettbewerb um das Geschmackserlebnis, das dem Original am ähnlichsten ist – oder es sogar übertrifft –, ist im Gange und wird weitere Ersatzprodukte, Kochbücher, Hilfsmittel und Rezeptideen hervorbringen. Der Peak der Veganisierung ist noch lange nicht erreicht.

Regenerative Food
Regenerative Food, also die Produktion von Lebensmitteln nach Kriterien der regenerativen Landwirtschaft, stellt die Regeneration des Bodens und die Biodiversität (auch auf unseren Tellern) in den Mittelpunkt. Mittelfristig reihen sich die Methoden der regenerativen Landwirtschaft neben weiteren Kulturtechniken wie ökologischer Landwirtschaft, Permakultur- und Lowtech-Methoden ein. Dem in den USA entstandenen Nischen-Trend folgen nun auch LandwirtInnen in Österreich, der Schweiz und Deutschland, deren Produkte bislang v. a. in der Spitzengastronomie gefragt sind. In Europa gibt es Plattformen, die Bäuerinnen und Bauern unterstützen und vernetzen wollen, die an regenerativer Landwirtschaft interessiert sind, so bspw. seit 2021 die Plattform Soilify. Trendprognose: Regenerative Food wird sich auch als Konsum- und Marketing-Trend weiter durchsetzen.

Themenschwerpunkte

  • Meat: Die vielfältige Zukunft des Fleischkonsums
    Fleisch verliert seine Rolle als Leitprodukt unserer Esskultur – zumindest in den Visionen innovativer LebensmitteltechnologInnen und InvestorInnen sowie im veganen Diskurs. Plant-based hat sich zu einem der wichtigsten Food-Trends entwickelt. Neben pflanzenbasierten Produkten kündigen sich weitere Alternativen an, die Fleisch und Fisch in Geschmack und Textur immer ähnlicher werden: kultiviertes, aus tierischen Zellen gewonnenes Fleisch (und Fisch) sowie Alt-Protein (alternative Proteine), also „Fleisch“ aus Pflanzen, Pilzen, Insekten, Algen und mikrobieller Fermentation. Noch nicht entwickelt: vegane, ganze „Fleischstücke“ wie Steaks. Auch im Kommen: Good Meat, also ein reduzierter, bewusster Fleischgenuss bspw. von alten Nutztierrassen und Hybrid-Meat-Produkten. Im Themenschwerpunkt Meat werden Entwicklungen, Start-ups und Produkts dieses weltweiten Zukunftsmarkts vorgestellt.
  • Fusion: Die kulinarische Globalisierung des Alltags
    Während sich auf Ebene der Ausgangsprodukte der Trend zu Regionalität und Lokalität weiter festigt, lässt sich global auf Ebene der Speisen eine immer stärkere Internationalisierung beobachten. Es geht nicht mehr allein darum, möglichst authentische „fremde Küchen“ zu erleben, Gerichte wie Sushi oder Samosas in den kulinarischen Alltag zu integrieren oder möglichst exotische neue Spezialitäten zu entdecken. Inzwischen zeichnet sich zusätzlich eine Lust am Fusionieren und Vermischen von ganzen Speiseplänen (mittags indisch, abends italienisch) aber auch von Rezepturen ab, bspw. die kulinarische Verschmelzung von japanischer und kalifornischer Küche, die auf Hawaii unter dem Namen „Poke“ zum Nationalgericht wurde – oder einen Schritt weiter: Poke Bowls bspw. mit Falafel aus dem Nahen Osten. Das Experimentieren mit verschiedensten Zutaten und Zubereitungsarten ist mittlerweile ein Trend, der viele begeistert und sich in Form von neuen populären Rezepturen rasant auf Social-Media-Plattformen verbreitet. V. a. auf TikTok werden Rezeptvideos in zweistelliger Millionenhöhe geklickt, darunter „Baked Feta Pasta“, „Pommes mit Kimchi“ oder „Poke Burrito“.

Fazit
Auch der 10. Food Report unterfüttert die identifizierten Trends mit zahlreichen Beispielen aus der Food Branche, aus Forschung und Entwicklung sowie mit Social-Media-Phänomenen, die teilweise bereits jetzt das Essverhalten beeinflussen. Somit liefert der Report verlässlich Denkanstöße, eröffnet Ausblicke und lässt Raum für Visionen. Das alles ermutigt, bei jetzigen Entscheidungen die Zukunft miteinzubeziehen – und den Planeten.

Ihre Stella Glogowski


Quelle: Hanni Rützler, Wolfgang Reiter: Food Report 2023 Zukunftsinstitut

Das könnte Sie interessieren
Ernährungsunsicherheit während der COVID-19-Pandemie unter Tafel-Kund*innen weiter
Update und Weiterentwicklung der Kalkulation von Mehrkosten einer proteinarmen Diät bei... weiter
Neuerscheinung: Sonderheft “Ernährungspsychologie” weiter
#Ernährungstrend und der Zeitgeist weiter
Vitamin-D-Präparate: Kein höheres Risiko für Nierensteine oder Arterienverkalkung weiter
Preisstudie: Erstmals pflanzlicher Warenkorb günstiger als tierischer weiter