Übergewichtige Maus: Der Fettstoffwechsel im Gehirn scheint sich in charakteristischer Weise zu verändern. © CamiloTorres / iStock / Thinkstock

Hypothalamus-Forschung: So verändern Gliazellen die Fett-Sensorik im Gehirn

  • 14.10.2016
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  • Redaktion

Forscher der Universität Bonn haben das Gehirn von fettleibigen und normalgewichtigen Mäusen untersucht. Dabei konnten sie zeigen, dass bei Adipositas bestimmte Gliazellen im Hypothalamus Fettsäuren in Form von Lipid-Tröpfchen einlagern. Die Ergebnisse liefern interessante Erkenntnisse zur Stoffwechselkontrolle.

Mikroskopieaufnahme vom Hypothalamus der Maus.
Mikroskopieaufnahme vom Hypothalamus der Maus. Die Tanyzyten und Astrozyten sind grün, die Zellkerne magenta eingefärbt. © Hofmann, AG Lars Kürschner, Universität Bonn

Wissenschaftler der Universität Bonn untersuchten in Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und der Universität des Saarlandes das Gehirn von fettleibigen und normalgewichtigen Mäusen. Denn bei Übergewicht scheint sich der Fettstoffwechsel im Gehirn der Tiere zu verändern. Die Forscher konzentrierten sich bei ihrer Untersuchung auf den Hypothalamus, eine wichtige Steuerzentrale des Nervensystems, die auch den Appetit und die Nahrungsaufnahme steuert.

„Es ist bekannt, dass der Hypothalamus auf Fettsäuren im Blut reagiert“, erklärt Dr. Lars Kürschner von der Universität Bonn. „So drosselt er die Nahrungsaufnahme, wenn sich nach einer Mahlzeit der Fettsäurespiegel erhöht.“ Doch wo genau der Fettsäure-Sensor sitzt und wie er funktioniert, ist noch weitgehend unerforscht.

Tanyzyten verändern Durchlässigkeit für Lipide

In der aktuellen Studie konnte das Team zeigen, dass es mindestens zwei Zelltypen sind, die bei diesem Vorgang eine Schlüsselrolle einnehmen: die Astrozyten und die Tanyzyten. Beide zählen zu den so genannten Gliazellen. Das Gewebe nimmt offenbar eine wichtige Rolle bei der Lipid-Erkennung und -Verarbeitung im Gehirn ein: Die Ergebnisse der Forscher belegen, dass Astrozyten und Tanyzyten zusammen die Aufnahme und Verarbeitung der Fettsäuren innerhalb des Hypothalamus organisieren.

Bei Adipositas ist der Lipidspiegel dauerhaft erhöht. Die Tanyzyten geben die Lipide nicht mehr selektiv an die angrenzenden Astrozyten weiter, wo sie etwa in die Membranen eingebaut werden, oder der zellulären Energiegewinnung dienen. Stattdessen kommen die Fettsäuren zunächst bei den Tanyzyten an. „Die ungesättigten Fettsäuren werden jedoch kaum noch weitergereicht. Die Restmengen werden von den Astrozyten dann vornehmlich zu Energie umgesetzt und nicht für den Aufbau von Membranen verwendet. Ein beträchtlicher Anteil aller Fettsäuren verlässt aber gar nicht erst die Tanyzyten, sondern wird dort in Form von Lipid-Tröpfchen eingelagert.“

Bei krankhafter Fettleibigkeit verändert also der Tanyzyt seine Durchlässigkeit für Lipide, und der Astrozyt verwendet diese zusätzlich anders. Möglicherweise tragen diese Anpassungen zu der hohen Kalorienaufnahme bei, die bei krankhaftem Übergewicht zu beobachten ist. Allerdings können die Wissenschaftler noch keine Aussagen darüber gemacht werden, ob sich diese Prozesse unmittelbar auf das Verhalten auswirken.

Die aktuellen Ergebnisse deuten darauf hin, dass es bei Adipositas zu Veränderungen an der Schaltzentrale zur Stoffwechselkontrolle kommt. Nun soll geklärt werden, welchen Einfluss zum Beispiel das Fasten auf die in dieser Arbeit identifizierten biologischen Prozesse hat und wie der Körper zwischen Adipositas und längerem Hungern unterscheidet.

Weitere Informationen: Universität Bonn



Publikation: Kristina Hofmann, Christian Lamberz, Kira Piotrowitz, Nina Offermann, Diana But, Anja Scheller, Ashraf Al-Amoudi, Lars Kuerschner: Tanycytes and a differential fatty acid metabolism in the hypothalamus. Glia 2016. DOI: 10.1002/glia.23088

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