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Online News: Neuer Regulator des Essverhaltens identifiziert

  • 15.05.2024
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  • Redaktion

Die rapide ansteigende Zahl von Personen mit Übergewicht oder Adipositas stellt weltweit ein gravierendes medizinisches Problem dar. Neben dem sich verändernden Lebensstil der Menschen spielen auch genetische Faktoren eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Übergewicht. Wissenschaftler*innen der Universität Leipzig und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf haben jetzt einen neuen Regulator für das Essverhalten identifiziert [1].

Noch nicht alle Komponenten, die die Nahrungsaufnahme regulieren, sind bekannt. Dabei können auch Rezeptoren eine Rolle spielen, die bisher noch nicht betrachtet wurden. Der neu identifizierte Rezeptor Latrophilin-1 war bisher für Funktionen im Gehirn wie die Ausbildung und den Aufbau von Synapsen bekannt, jedoch nicht für die Steuerung der Nahrungsaufnahme. Er gehört zu den G-Protein-gekoppelten Rezeptoren und besitzt seinen Namen aufgrund der Bindungsfähigkeit zum Nervengift Latrotoxin. Dieses Toxin wird unter anderem von der Mediterranen Schwarzen Witwe, einer Spinnenart, produziert und hat den Rezeptor Latrophilin-1 als eine wesentliche neuronale Zielstruktur.

Die Forschungsteams zeigen in ihren Untersuchungen, dass der Rezeptor Latrophilin-1 sowohl in den Hirnregionen, die das Essverhalten steuern, als auch im Fettgewebe präsent ist. Mäuse, denen dieser Rezeptor fehlt, zeigen in der Studie eine erhöhte Nahrungsaufnahme und eine verringerte körperliche Aktivität. Obwohl die Jungtiere zunächst Normalgewicht aufweisen, entwickeln sie im Laufe weiterer vier Monate ein signifikantes Übergewicht. Dabei entstehen die bekannten Begleiterkrankungen, z. B. eine Fettleber.

Darüber hinaus identifizierten die Forschenden in den Sequenzierdaten der Leipziger Adipositas-Kohorte eine Rezeptorvariante von Latrophilin-1, die bei einer Patientin mit Übergewicht auftrat. Untersuchungen in Zellkultur zeigen, dass diese Rezeptorvariante nicht die vollständige Funktionalität aufweist. Diese Entdeckung deutet darauf hin, dass der Rezeptor nicht nur im Tiermodell, sondern auch beim Menschen für die Entwicklung einer Adipositas von Bedeutung sein könnte.

Mit den Ergebnissen haben die Forschenden einen neuen Ansatz entwickelt, um die Regulation der Nahrungsaufnahme und die Entwicklung von Übergewicht und Adipositas besser zu verstehen. Zukünftige Studien in den beteiligten Arbeitsgruppen an den Universitäten Leipzig und Düsseldorf sollen nun klären, ob der Rezeptor als potenzieller pharmakologischer Ansatzpunkt dienen kann, um die Nahrungsaufnahme bei Übergewicht zu regulieren.

Literatur:

  1. Dietzsch AN, Al-Hasani H, Altschmied J, et al.: Dysfunction of the adhesion G protein-coupled receptor latrophilin 1 (ADGRL1/LPHN1) increases the risk of obesity. Sig Transduct Target Ther 2024, 103(9). DOI: doi.org/10.1038/s41392-024-01810-7

Quelle: Universität Leipzig, Pressemeldung vom 30.04.2024

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