Die durch Gesundheitsbotschaften ausgelöste Reaktanz kann unsere Aufmerksamkeit in Richtung ungesunder Konsumgelegenheiten verschieben. © nicoletaionescu/iStock/Getty Images Plus

Online News: Reaktanz in der Gesundheitskommunikation: Aufforderungen zu weniger Fleischkonsum können Konsumveränderungen erschweren.

  • 18.09.2023
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  • Redaktion

Eine aktuelle Studie der Universitäten Bamberg und Erfurt zum Thema „Reaktanz in der Gesundheitskommunikation“ zeigt, dass Aufforderungen zu weniger Fleischkonsum die Aufmerksamkeitsprozesse der Rezipient*innen beeinflussen können und so eine Konsumveränderung hin zu einem wünschenswerteren Verhalten erschweren.

Zahlreiche Informationskampagnen versuchen Menschen von einem gesunden Verhalten zu überzeugen. So werden fast täglich Aufforderungen kommuniziert, die die Menschen zu mehr Bewegung oder gesünderem Essen animieren sollen. Bisherige Forschung zeigt, dass solche Botschaften durchaus wirken können, ihre Effekte aber begrenzt sind. Ein Erklärungsansatz dafür ist das Phänomen der psychologischen Reaktanz. Durch die Aufforderung, das eigene Verhalten zu ändern, können sich Menschen in ihrer Entscheidungsfreiheit eingeschränkt fühlen, sie reagieren dann verärgert, ignorieren die Botschaft oder verstärken das unerwünschte Verhalten sogar. So konnten verschiedene Studien zeigen, dass Gesundheitsbotschaften, die auf eine Reduzierung von Tabak- oder Alkoholkonsum abzielten, gegenteilige Effekte bewirkten, also zu einer gesteigerten Einnahme der Drogen führten.

Einfluss der Reaktanz auf Aufmerksamkeitsprozesse
Einfluss der Reaktanz auf Aufmerksamkeitsprozesse Während die Auswirkungen psychologischer Reaktanz in vielen Bereichen gut untersucht sind, ist wenig über die zugrundeliegenden kognitiven Prozesse bekannt. Im Rahmen einer nun im Journal of Health Communication veröffentlichten Studie wurde von Forschenden der Universitäten Bamberg und Erfurt untersucht, inwiefern Reaktanz Aufmerksamkeitsprozesse beeinflusst. Dazu wurden die Teilnehmenden in mehrere Gruppen eingeteilt. Während eine Experimentalgruppe dazu aufgefordert wurde, in Zukunft kein Fleisch mehr zu konsumieren, um ihre Gesundheit und die Umwelt zu schützen, bekam eine Kontrollgruppe keine solche Botschaft. In anschließenden Messungen zeigte sich, dass omnivore, also fleischessende Teilnehmende der Experimentalgruppe stärker verärgert waren als omnivore Personen in der Kontrollgruppe. Außerdem hing das Ausmaß der Reaktanz bei omnivoren Experimentalgruppenmitgliedern mit ihrer Leistung in einem Wortgitter zusammen, in dem neben neutralen Wörtern wie etwa „Papier“ oder „Mond“ auch fleischbezogene Begriffe versteckt waren – zum Beispiel „Wurst“ oder „Schnitzel“. Je stärker die Verärgerung war, umso mehr fleischbezogene Begriffe fanden diese Personen im Wortgitter.

Gesundheitsbotschaften können beabsichtigte Verhaltensänderungen erschweren
„Das Ergebnis deutet darauf hin, dass die durch Gesundheitsbotschaften ausgelöste Reaktanz unsere Aufmerksamkeit in Richtung ungesunder Konsumgelegenheiten verschieben kann“, erläutert Philipp Sprengholz, Juniorprofessor für Gesundheitspsychologie an der Universität Bamberg. „Dadurch kann die beabsichtigte Verhaltensänderung erschwert und ungesundes Verhalten möglicherweise sogar verstärkt werden.“ In zukünftigen Studien sollen nun die Aufmerksamkeitsprozesse und ihre Auswirkungen auf tatsächliches Konsumverhalten genauer untersucht werden. Die aktuellen Befunde deuten bereits darauf hin, dass Gesundheitsbotschaften möglichst wenig Reaktanz auslösen oder durch geeignete Maßnahmen Aufmerksamkeitsverschiebungen korrigieren sollten.


Literatur: Sprengholz, P., Tannert, S., & Betsch, C. (2023). Explaining Boomerang Effects in Persuasive Health Communication: How Psychological Reactance to Healthy Eating Messages Elevates Attention to Unhealthy Food. Journal of Health Communication.


Quelle: Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Pressemeldung vom 20.06.2023

 

 

 

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