Die Deutschen nehmen durch ihren Bierkonsum auch Glyphosat zu sich. © tomorca / iStock / Thinkstock

Pestizid: Glyphosat in deutschem Bier entdeckt

  • 25.02.2016
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Das Pestizid Glyphosat liefert erneut Diskussionsstoff. Diesmal hat das Umweltinstitut München e. V. 14 Biersorten auf die chemische Verbindung testen lassen. Das Ergebnis: In allen Bieren konnte offenbar Glyphosat in Konzentrationen teils deutlich über dem Grenzwert für Wasser nachgewiesen werden.

Cover des Untersuchungsberichts zu Glyphosat in Bieren. © umweltinstitut.org

Glyphosat ist das meistverkaufte Pestizid in Deutschland und umstritten: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte das Pestizid im März vergangenen Jahres als „wahrscheinlich krebserzeugend bei Menschen" eingestuft. Damals publizierte die zur WHO gehörige Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) ihre Einschätzung in der Fachzeitschrift The Lancet. Demnach zeigen verschiedenen Studien, dass Personen, die mit Glyphosat in Kontakt gekommen sind, ein erhöhtes Risiko für bösartige Erkrankungen des Lymphatischen Systems aufweisen.

In der aktuellen Laboruntersuchung, die das Umweltinstitut München e. V. in Auftrag gegeben hat, lagen die gefundenen Werte angeblich zwischen 0,46 Mikrogramm pro Liter (µg/l) und 29,74 µg/l, im Höchstfall also fast 300-fach über dem gesetzlichen Grenzwert für Trinkwasser von 0,1 µg/l. Der Verein räumt zwar ein, dass die gemessenen Glyphosatmengen in absoluten Zahlen klein sind, allerdings seien die Testergebnisse vor dem Hintergrund der WHO-Einschätzung „besorgniserregend". Angaben zur Anzahl der untersuchten Flaschen macht das Institut ebenso wenig, wie zu dem Auftragslabor.

Getestet wurden die 14 meistgetrunkenen Biere der beliebtesten Biermarken Deutschlands per ELISA-Methode. Diese Methode kann bei einer Nachweisgrenze von 0,075 µg/l Spuren von Glyphosat anzeigen. Bei den drei Biersorten mit den höchsten Rückständen kam laut Umweltinstitut zusätzlich die LC-MS/MS Methode zum Einsatz. Auf diese Methode greift auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zurück. 

BfR veröffentlicht vorläufige Einschätzung

Eine Peer-Review-Expertengruppe der EU-Lebensmittelbehörde Efsa kam entgegen der Einschätzung der WHO zum Schluss, „dass Glyphosat wahrscheinlich nicht genotoxisch (d.h. DNA schädigend) ist oder eine krebserregende Bedrohung für den Menschen darstellt". Die EU-Kommission muss demnächst über eine neue Genehmigung des Pestizids entscheiden, da die Zulassung in der EU im Sommer 2016 ausläuft. 

An diesem Donnerstag sollen sich die Bundestagsabgeordneten zum Thema Glyphosat in einer namentlichen Abstimmung positionieren. Wie das Portal „topagrar online" berichtet, steht ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Wahl, der die erneute Zulassung von Glyphosat stoppen will. Demnach soll die Abstimmung vorrangig eine Verzögerung der Zulassung des Herbizidwirkstoffs um 15 Jahre erwirken. Ziel sei, dass Deutschland eine Vertagung der Abstimmung beantragt sowie Zeit gewinnt, damit Politik und Öffentlichkeit zu dem noch ausstehenden Entscheidungsvorschlag der EU Stellung nehmen können, so „topargrar online".

Zur aktuellen Diskussion hat das BfR eine vorläufige Einschätzung zu Glyphosat in Bier abgegeben. Die Wissenschaftler bewerten Glyphosatrückstände in Bier darin als „plausibel und grundsätzlich erwartbar", allerdings sei Braugetreide in der Regel von den Spätanwendungen ausgenommen, die zu Glyphosatrückständen in Getreide führen würden. Dennoch gibt das Institut Entwarnung: Selbst die höchsten aus den Medien bekannten Gehalte mit 30 Mikrogramm pro Liter seien so niedrig, dass die daraus resultierende Aufnahmemenge bei einem Erwachsenen mit einem Körpergewicht von 60 Kilogramm mehr als 1000-fach niedriger liegen würde als die derzeit als unbedenklich geltende lebenslänglich duldbare (ADI) oder einmalig duldbare (ARfD) tägliche Aufnahmemenge.

Über den Nachrichtendienst Twitter schrieb das BfR folgenden Hinweis: „Um bedenkliche Mengen #Glyphosat aufzunehmen, müsste ein Erwachsener ca. 1000 Liter #Bier täglich trinken".

 mya



Weitere Informationen:

Pressemeldung des Umweltinstituts München e. V.
Untersuchungsbericht des Umweltinstituts München e. V.

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