Online News: Shopping-Studie zum Tierwohl im virtuellen Supermarkt
- 27.03.2024
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- Redaktion
Wer kennt sie nicht – die roten, blauen, orangenen oder grünen Label, die seit einigen Jahren auf Fleischverpackungen prangen? Sie informieren über die Art und Weise, in der das jeweilige Tier gehalten wurde. Rot (= Haltungsform 1) bedeutet, dass lediglich die gesetzlich vorgeschriebenen Mindeststandards beachtet wurden; grün (= Haltungsform 4) steht dagegen für eine vergleichsweise artgerechte Tierhaltung. Häufig werden solche Informationen von den Kund*innen allerdings nicht bewusst wahrgenommen.
In einem virtuellen Supermarkt erfolgte der Einkauf der Studienteilnehmer*innen am Rechner (n = 630). Dadurch war es vergleichsweise einfach, eine große Anzahl von Versuchspersonen für die Studie zu gewinnen. Für die Studie wurde eine 3D-Simulation zusammen mit dem Marktforschungs-Iinstitut IPSOS entwickelt. Die Grafik orientiert sich dabei an modernen Videospielen: Die Versuchspersonen sehen die Gänge aus der Ich-Perspektive, können sich zu den Regalen drehen, Produkte herausnehmen und von allen Seiten betrachten, sie in ihren Wagen legen und am Ende gegebenenfalls kaufen. Dabei blieb die Kaufentscheidung jedoch hypothetisch. Die Teilnehmer*innen mussten nicht wirklich für den virtuellen Einkauf bezahlen und erhielten am Ende auch keine echten Waren. In der Befragung im Anschluss gaben die Beteiligten überwiegend an, die Simulation als sehr realistisch empfunden zu haben und gut mit ihr zurecht gekommen zu sein.
Der Supermarkt, den die Teilnehmer*innen zu sehen bekamen, unterschied sich lediglich in einem Punkt: der Art und Weise, in der die Haltungsform-Informationen hervorgehoben wurden. Bei einer Gruppe von Teilnehmenden waren die Label, wie momentan üblich, lediglich auf den Fleischverpackungen zu sehen. Bei einer zweiten Gruppe hingen zusätzlich über den Regalen große Banner, die die Label zeigten. Bei Gruppe 3 war die Labels außerdem noch neben den Preisschildern angebracht, allerdings nur für Produkte der Haltungsformstufen 3 und 4.
Das ernüchternde Ergebnis: Die Versuchspersonen in allen drei Gruppen griffen ähnlich oft zu Fleisch aus artgerechterer Haltung. Die Maßnahmen führten also zu keiner Änderung des Kaufverhaltens. „Ein Grund könnte sein, dass die Informationen nicht die notwendige Aufmerksamkeit erzielt haben, trotz der hervorgehobenen Weise, in der sie präsentiert wurden“, vermutet Leonie Bach. Ein Teil der Versuchspersonen gab in der anschließenden Befragung an, diese nicht bewusst wahrgenommen zu haben.
Aktuell werden weitere Maßnahmen ausgewertet, die im virtuellen Supermarkt getestet wurden. Für zukünftige Projekte wünschen sich die Autorinnen, die Realitätsnähe entsprechender Einkaufsexperimente noch weiter zu erhöhen. Die Teilnehmer*innen sollen dann die gekauften Produkte ähnlich wie beim Online-Shopping zugesandt bekommen und dafür auch bezahlen müssen.
Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert.
Literatur:
1. Leonie Bach, Nina Weingarten, Kathrin Barbara Meyer, Ching-Hua Yeh, Irina Dolgopolova, Wen-Xiu Wang, Jutta Roosen, Monika Hartmann: Der virtuelle Supermarkt als innovative Forschungsinfrastruktur: Experiment zur Erhöhung der Salienz von Fleischprodukten mit höherem Haltungsstandard; Journal of Consumer Protection and Food Safety; DOI: 10.1007/s00003-024-01488-7
Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Pressemeldung vom 12.03.2024