Mit der fortschreitenden Digitalisierung werden auch unsere Küchen zunehmend modernisiert. © AndreyPopov/iStock/Getty Images Plus

Nachschlag: Küchentechnomanie

  • 02.08.2021
  • News
  • Prof. Dr. Helmut Heseker

Keine Evolution ohne Kochen. Dem Kochen kam in der Entwicklung des Menschen eine entscheidende Bedeutung zu. Wie unsere Vorfahren das Kochen mithilfe von Feuer erfanden und wie sich die Zubereitung von Nahrung im Laufe der Jahrhunderte weiterentwickelte, beschreibt Helmut Heseker im aktuellen Nachschlag „Küchentechnomanie“.

Vor ca. 1,5 Mio. Jahren gelang es unseren Vorfahren das Feuer zu beherrschen und gesammelte oder erlegte Nahrung zu erhitzen, zu garen und damit verdaulicher, schmackhafter sowie haltbarer zu machen. EvolutionsbiologInnen sehen darin den entscheidenden Wendepunkt und die Voraussetzung in der Entwicklung des Homo sapiens für seine Gehirnentwicklung, Lebenserwartung sowie überwältigenden Reproduktionserfolge. Seitdem wurden Küchentechnik und Kochkunst kontinuierlich weiterentwickelt.
Von der einfachen Zubereitung über der Feuerstelle wurde zunächst in tönernen, dann in metallischen Töpfen Nahrung zubereitet. Jahrhunderte vergingen bis Herde Einzug hielten, zunächst in die Haushalte der Bessergestellten und bald als Standardküchenausrüstung.
Heute bietet die Küchenindustrie neben dem einfachen Elektroherd eine Vielzahl weiterer Heißgeräte, wie bspw. Induktionskochfelder, Backofen mit Pyrolysefunktion, integrierter Wärmeschubladen und Sous-Vide-Garer an. Daneben haben sich im Laufe der Zeit zum Erhitzen gedachte hochspezialisierte Küchenkleingeräte, wie Wasser- und Eierkocher (als Ein-Ei-Kocher für Singles), Tauchsieder, Popcorn-Maschine, Kaffeemaschine oder -vollautomat, Waffeleisen und Toaster zur Erleichterung der menschlichen Existenz im Küchenhaushalt etabliert.
Mit der fortschreitenden Digitalisierung werden auch unsere Küchen zunehmend modernisiert. Dialoggarer geben über fortlaufend Rückmeldung, wieviel Energie das Lebensmittel bereits aufgenommen hat, verkürzen energiesparend die Garzeit und sorgen für einen optimalen Garpunkt, den man noch dazu über eine mobile App stets im Blick hat. Natürlich bietet die App auch Rezepte und Zubereitungsvideos und erstellt die Einkaufsliste. Für die Vergesslichen und LebensmittelnichtverschwenderInnen gibt es den SmartDevice-fähigen Kühlschrank mit integrierter Innenraumkamera und Fisheye-Aufsatz, der auch beim Einkauf im Supermarkt jederzeit eine Überprüfung der aktuellen Vorräte erlaubt.
In einer Smart-Kitchen lassen sich neben Backofen und Kühlgerät selbstverständlich auch Kochfelder, Dunstabzugshaube, Geschirrspüler und Kaffeemaschine über eine App oder smarte Sprachassistenten steuern.
Spätestens ab jetzt dürfte es nur noch häusliche Mahlzeiten als mehrgängige Menüs auf Sterne-Niveau geben – oder packt Sie bei so viel technologischer Hochrüstung doch eher die Sehnsucht nach einem Stockbrot am Lagerfeuer?

Ihr Helmut Heseker


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