Einfluss von Pflanzenöl auf Fettsäuremuster: Pflanzliche Öle statt Fischöl als Futtermittel in Aquakulturen
- 16.07.2019
- Online PLUS
- Nina Weiler
Hintergrund
In der Aquakultur wird bei der Fütterung zunehmend Fischöl durch pflanzliches Öl ersetzt. Denn Fischöl ist teuer. Noch dazu ist der Einsatz von Fischöl und -mehl in der ökologischen Aquakultur strikt geregelt. Doch mit dem vermehrten Einsatz pflanzlicher Öle verringert sich der Gehalt an langkettigen mehrfach ungesättigten Fettsäuren (LC-PUFAs) im Fisch und somit auch die Produktqualität. Zu den LC-PUFA zählen auch die Eicosapentaensäure (EPA, 20:5n-3) und Docosahexaensäure (DHA, 22:6n-3) aus der Gruppe der n-3-Fettsäuren. Diese sind ein wichtiger Inhaltsstoff in Fischmehl und Fischöl. Fische können selber keine oder nur geringe Mengen dieser n-3-Fettsäuren herstellen und müssen sie aus ihrer Nahrung zu sich nehmen.
Das gilt auch für die Ernährung des Menschen. Wer regelmäßig Fisch isst, kann so seinen Bedarf an den gesundheitsfördernden Fettsäuren decken. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen haben den gesundheitlichen Nutzen von EPA und DHA bestätigt: Unter anderem wirken sie positiv auf das Herz-Kreislauf-System, sind blutdrucksenkend sowie entzündungshemmend.
Grundsätzlich gelten folgende Ansprüche an bedarfsgerechte Futtermittel: Zum einen müssen sie hinsichtlich ihrer physikalischen und chemischen Qualität an die Fischart angepasst sein. Nur so ist es möglich, ein hochwertiges Lebensmittel für die menschliche Ernährung herzustellen. Zum anderen muss die Verwendung des Futtermittels sowohl ökologisch als auch ökonomisch sinnvoll sein.
Hierfür kommen – als nachhaltige Alternative zu Fischöl – pflanzliche Öle infrage. Interessant ist daher ein interdisziplinäres Forschungsprojekt der Universität Kiel, betreut durch das Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN). In dem Forschungsvorhaben testeten Kieler Aquakultur- und ErnährungsexpertInnen verschiedene Ansätze, um die LC-PUFA-Spiegel in Regenbogenforellen zu erhöhen. Die Fische wurden mit ausgewählten pflanzlichen Ölen gefüttert sowie mit einer Kombination aus Fischöl und Pflanzenöl, teils mit Zusatz von bioaktiven Substanzen.
Als zusätzliche Komponente wurde das Öl von Acker-Steinsame**, auch Acker-Rindszunge genannt, getestet. Buglossoides arvensis, so die botanische Bezeichnung dieser ölhaltigen Pflanze, enthält reichlich α-Linolensäure (ALA, 18:3n-3) sowie Stearidonsäure (SDA, 18:4n-3). Letztere könnte die Effizienz der LC-PUFA-Biosynthese steigern, ist aber in den kommerziell verwendeten Pflanzenölen für die Fischernährung bisher nicht enthalten.
Gleiches gilt für ausgewählte bioaktive Substanzen wie etwa Equol oder Genistein aus der Gruppe der Isoflavone. Diese zählen zu den Phytoöstrogenen und ähneln von ihrer Struktur dem Hormon Östrogen. Über verschiedene Mechanismen können sie sich positiv auf die Fettsäurebiosynthese von Fischen auswirken. Aus früheren Studien ist bekannt, dass andere bioaktive Substanzen wie Resveratrol die DHA-Werte um bis zu 70 % erhöhten, bei Sesamin stieg der Anteil in Geweben von Regenbogenforellen um bis zu 37 %.
* Der offizielle Titel des BÖLN-Forschungsvorhabens lautet: „Erhöhung der Fettsäuresynthese von Regenbogenforellen durch Isoflavone“. Es wurde gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN).
**Buglossoides arvensis ist eine einjährige krautige Pflanze aus der Gattung Rindszungen (Buglossoides) aus der Familie der Raublattgewächse (Boraginaceae). Die Wildpflanze wächst in Getreideunkrautgesellschaften, an Wegrändern oder auf Schutt. Hierzulande ist sie in Mittel- und Süddeutschland verbreitet. Im kleinen Maßstab wird die Pflanze zur Ölgewinnung angebaut und findet als „Ahiflower Öl“ Verwendung in der menschlichen Ernährung und auch in der Tierernährung, bspw. für Pferde.
Die Fütterungsversuche zeigten: Der Einsatz von Pflanzenölen führte zu keinen Wachstumseinbußen bei den Regenbogenforellen. Auch bei der Nährstoffzusammensetzung der Fische waren keine negativen Effekte nachweisbar. Das ergaben Analysen von homogenisiertem Fischgewebe, sogenanntem Ganzkörperhomogenat.
Aus Sicht der ForscherInnen bestätigen die Versuche, dass sich Pflanzenöle als Futtermittelrohstoff für Regenbogenforellen eignen und diese bedarfsgerecht ernähren. Weniger eindeutig sei jedoch das Potenzial der getesteten Isoflavone, die EPA- und DHA-Gehalte im Gewebe von Regenbogenforellen zu erhöhen. Von allen untersuchten Substanzen bewirkten nur Genistein und Equol einen Anstieg der DHA-Werte, und zwar jeweils um 8 %. Allerdings war der gewünschte Effekt nur in Ganzkörperhomogenat und nicht in Filets nachweisbar. Kombinierten die Forscher Buglossoides arvensis-Öl mit der bioaktiven Substanz Equol, fielen die DHA-Filetgehalte 7 % höher aus als ohne Zusatz von Equol – und damit ebenso hoch wie bei den Forellen, die ein Futtermittel mit einer Mischung aus Fischöl und Pflanzenölen erhielten.
Da Isoflavone relativ teuer sind (Equol: 1,90 US-$/g), lohnt sich nach Einschätzung der ForscherInnen der Einsatz dieser Substanzen in der Aquakultur bisher nicht. Dagegen sehen sie den Zusatz von Buglossoides arvensis-Öl in Regenbogenforellenfutter als vielversprechend an. Denn mit diesem Öl schnitten die EPA-Gehalte in Forellenfilets sogar höher ab als bei einer auf Fischöl basierenden Kontrolldiät. Nicht nur im Ganzkörperhomogenat, sondern auch in den Filets waren die Gehalte an n-3-Fettsäuren signifikant erhöht. Ein weiterer positiver Effekt: Durch Zunahme von α-Linolensäure sowie Stearidonsäure bei gleichzeitiger Abnahme von Linol- und Arachidonsäure erhöhte sich das Verhältnis von n-3 zu n-6 im Filet von Regenbogenforellen. Dies könnte auch für die menschliche Ernährung relevant sein.
Für ForellenteichwirtInnen ergeben sich daraus vielversprechende Ansätze für eine bedarfsgerechte Fischfütterung und eine verbesserte Produktqualität, so das Fazit der WissenschaftlerInnen. Allerdings sei aufgrund der hohen Kosten (36 US-$/kg) der Einsatz von Buglossoides arvensis-Öl erst dann rentabel, wenn Anbau und Ertrag der Ölpflanze deutlich größer würden.
Ein nächster Schritt für die Forschung seien weitere Fütterungsexperimente. Denn womöglich ließen sich durch eine längere Fütterung mit Buglossoides arvensis-Öl noch höhere LC-PUFA-Gehalte in den Forellenfilets erzielen. Außerdem ist davon auszugehen, dass die Wirkung der beiden Substanzen Equol und Genistein von der Dosis und dem Fettsäuremuster des Futtermittels abhängt. Auch hier besteht noch Forschungsbedarf. Und nicht zuletzt gilt es Futtermittelhersteller einzubinden, um vom Experiment zur Marktreife zu kommen.
Weitere Informationen: http://orgprints.org/35384/