Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft - Aufbruch für Menschen mit Diabetes und ihre Therapie
- 01.07.2010
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- Redaktion
Unter dem Motto „Diabetestherapie in Bewegung“ fand die Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft vom 12.–15. Mai 2010 in Stuttgart statt. Jedes Jahr bilden sich rund 7000 Ärzte, Wissenschaftler und weitere in der Diabetologie tätige Berufsgruppen bei der Tagung fort und tauschen Erfahrungen aus. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur Entstehung und Therapie des Diabetes mellitus sowie bewährte Therapiestandards waren Themen der Tagung.
Neue Medikamente in der Diabetes-Therapie
Die steigende Zahl der Menschen mit Diabetes spiegelt sich auch in einem wachsenden Markt für orale Antidiabetika wieder. Die Pharmaindustrie reagiert auf diese Zahlen und entwickelt neue Behandlungsmöglichkeiten. Eine neue Klasse antidiabetischer Medikamente stand im Fokus der Tagung, deren gemeinsame Muttersubstanz das Darmhormon Glukagon-ähnliches Peptid-1 (GLP-1) ist. Die Behandlung mit GLP-1 zeigte in Studien eine erfolgreiche Blutzuckersenkung bei Typ-2-Diabetikern.
Die Substanz ist zwar bislang noch nicht zur Dauerbehandlung bei Diabetes mellitus geeignet, wird aber z. T. als Muttersubstanz für die weitere Medikamentenentwicklung genutzt. Die Medikamente zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht überschießend wirken können, d. h. sie können keine Hypoglykämien auslösen. Als günstigen weiteren Effekt unterstützen sie die Gewichtsreduktion.
Analoginsuline weiterhin erstattungsfähig?
Zur Zeit überprüft der gemeinsame Bundesausschuss (GBA) die Erstattungsfähigkeit von mehreren Produkten, die die Behandlung von Menschen mit Diabetes betreffen: Dazu gehören die lang und kurz wirksamen Insulinanaloga, sowie die Teststreifen zur Blutzuckerselbstkontrolle bei nichtinsulinpflichtigen Diabetikern.
Die kurz wirksamen Analoga sind heute ein fester Bestandteil der Diabetestherapie. Sie können sehr gut nach dem aktuellen Insulinbedarf dosiert werden. „Insgesamt lassen sich dadurch die Blutzuckerwerte besser regulieren, gefährliche Unterzuckerungen vermeiden und die Lebensqualität der Patienten durch die flexible Gabe verbessern. Vor allem Kinder profitieren davon,“ so Prof. Dr. Thomas DANNE, Präsident der DDG.
Nach Ansicht von Selbsthilfegruppen und Fachgesellschaften müssen besonders Kinder und Jugendliche, die an Diabetes mellitus Typ 1 erkrankt sind, auch in Zukunft kurz wirksame Insulinanaloga von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet bekommen. Aus Kreisen des GBA hieß es am 20. Mai 2010, eine abschließende Entscheidung dazu werde voraussichtlich im Herbst fallen.
Stammzellen sollen transplantierte Betazellen unterstützen
Hoffnungen bestehen unter anderem beim Typ-1-Diabetes mellitus, an dem vor allem jüngere Menschen erkranken, weil das körpereigene Imunsystem die Betazellen weitgehend vernichtet. Die Forschung konzentriert sich deshalb auf die Behandlung von Stammzellen, die aus dem Knochenmark gewonnen werden. Bei dieser Therapie werden aus einer gespendeten Bauchspeicheldrüse die Langerhans´schen Inseln – sie enthalten die Betazellen – isoliert. Die Inselzellen werden dann über einen Katheter in die Blutgefäße der Leber geleitet, wo sie einwachsen und Insulin produzieren.
Nach heutigem Stand der Forschung, kann aber die Nachhaltigkeit der Insulinproduktion der transplantierten Inselzellen nicht garantiert werden. Die Inselzellen werden an ihrem neuen Standort, der Leber, nicht ausreichend durchblutet und sterben ab. Hier sollen die Stammzellen helfen und die Bildung von neuen Blutgefäßen bei der Inselzelltransplantation fördern.
Gestationsdiabetes -Verbessertes Screening und zeitnahe Behandlung senkt Risiken für Mutter und Kind
Nach wie vor fordert Dr. KLEINWECHTER, Diabetesfacharzt in Kiel und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Schwangerschaft der DDG, ein verbessertes Screening auf frühzeitige Feststellung eines Gestationsdiabetes. Die Folgen eines unbehandelten Gestationsdiabetes sind unter anderem ein hohes Geburtsgewicht des Babys und häufige Geburtskomplikationen. Diese Komplikationen sind bei Schwangeren mit einem unbehandelten Gestationsdiabetes fünfmal höher als bei gesunden Müttern.
Wichtig nach KLEINWECHTER ist es außerdem, die Schwangeren auch nach der Geburt und Normalisierung der Blutzuckerwerte weiter zu betreuen, denn jede zweite Gestationsdiabetikerin erkrankt in den 10 Jahren nach der Schwangerschaft an Diabetes mellitus. Gestiegen sei zudem die Zahl der Schwangeren mit einem Typ-2-Diabetes. Übergewicht, Bewegungsmangel und ungesunde Ernährungsgewohnheiten führten dazu, dass zunehmend bereits Frauen im empfängnisbereiten Alter daran erkrankten. „Auch diese Schwangeren müssten deshalb rechtzeitig vom Hausarzt an einen Spezialisten überwiesen werden. Wege, diese sinnvollen Maßnahmen besser zu verbreiten, könnten neben einem Anreiz durch bessere Vergütung der „Screening Untersuchungen“ als Kassenleistung auch die bessere Aufklärung der Frauen sein,“ so KLEINWECHTER.
Einen Teil des Artikels finden Sie auch in Ernährungs Umschau 07/10 auf Seite 351, weitere Kurzberichte ab Seite 348.