Ernährungsmedizin: Schwangerschaftsdiabetes: Stillen verringert mütterliches Risiko für Diabetes mellitus Typ 2

Frauen mit Gestationsdiabetes , die ihr Kind stillen, haben auf lange Sicht ein um 40 % verringertes Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler des Instituts für Diabetesforschung, Helmholtz Zentrum München, Partner im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD). Nach Auswertungen der Deutschen prospektiven Gestationsdiabetes-Studie profitieren von dem schützenden Langzeiteffekt v. a. Mütter, die ihr Kind länger als drei Monate stillen.

Gestationsdiabetes tritt in Deutschland bei ca. 4 % aller Schwangerschaften auf und erhöht das Risiko, später an Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken. Jede zweite Gestationsdiabetikerin entwickelt innerhalb von zehn Jahren nach der Entbindung einen Typ-2-Diabetes, obwohl sich ihr Blutzuckerspiegel nach der Schwangerschaft zunächst wieder normalisiert. Durch Stillen können die Betroffenen ihr Risiko später an Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken um 40 % senken.

Bekannt waren bislang kurzzeitige positive Effekte des Stillens auf den Stoffwechsel der Mutter. Es gibt Anzeichen dafür, dass Frauen, die stillen, während dieser Zeit bessere Werte im Glukose- und Fettstoffwechsel und einen niedrigeren Östrogenspiegel aufweisen. Offenbar beeinflusst das Stillen über diesen Zeitraum noch drei Jahre nach der Entbindung die Konzentration des appetitanregenden Hormons Ghrelin und des Hormons PYY, das ein Sättigungsgefühl vermittelt.

Neu ist jedoch die Erkenntnis, dass Stillen auch langfristig einem Typ-2-Diabetes der Mutter vorbeugt. Dies gilt ausschließlich für diejenigen Gestationsdiabetikerinnen, bei denen keine mit Typ-1-Diabetes assoziierten Autoantikörper nachgewiesen werden konnten. Dies traf auf die meisten der 304 Teilnehmerinnen der Studie zu: Nur 32 Teilnehmerinnen hatten diese Autoantikörper gebildet. Bei ihnen konnte kein Einfluss des Stillens auf die Entwicklung eines Diabetes postpartum festgestellt werden.

Dabei ist die Länge des Stillens entscheidend: Nur wer länger als drei Monate stillte, hatte ein 15-Jahres-Risiko für Typ-2-Diabetes von 42 %. Noch mehr konnten die Probandinnen ihr Erkrankungsrisiko verringern, wenn sie in diesem Zeitraum ihr Baby ausschließlich mit Muttermilch ernährten (15-Jahres-Risiko von 34,8 %). Durch das Stillen konnten die autoantikörper-negativen Teilnehmerinnen die Entwicklung von Typ-2-Diabetes um durchschnittlich zehn Jahre verzögern.

Die Frauen, die ihren Gestationsdiabetes während der Schwangerschaft allein mit einer Diät behandeln konnten, erzielten durch das Stillen den größten vorbeugenden Erfolg. Dieser war nicht abhängig vom BMI der Teilnehmerinnen. Allerdings stillten die übergewichtigen Frauen ihr Kind im Schnitt früher ab – und zwar im Mittel nach fünf Wochen. Dagegen betrug die durchschnittliche Stilldauer bei der Gesamtheit der Teilnehmerinnen neun Wochen.

Frauen, bei denen ein insulinpflichtiger Schwangerschaftsdiabetes vor bis zu neun Monaten diagnostiziert wurde, haben noch die Gelegenheit, an einer neuen vorbeugenden Studie des Instituts für Diabetesforschung teilzunehmen: In der PINGUIN-Studie (Postpartale Intervention bei Gestationsdiabetikerinnen unter Insulintherapie) soll durch Ernährungs- und Bewegungstherapie sowie durch Einnahme des Wirkstoffs Vildagliptin die Entstehung von Typ-2-Diabetes verhindert werden.

Der Wirkstoff ist zur Behandlung von Typ-2-Diabetes etabliert. Die Teilnehmerinnen werden nicht nur bei der Umstellung auf einen gesunden Lebensstil, sondern auch – falls nötig – bei einer Gewichtsreduktion unterstützt.

Literatur: Ziegler AG et al. (2012) Long-Term Protective Effect of Lactation on the Development of Type 2 Diabetes in Women With Recent Gestational Diabetes Mellitus. Diabetes [DOI: 10.2337/db12-0393]
URL: diabetes.diabetesjournals.org/content/early/2012/10/11/db12-0393.long.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Anette-Gabriele Ziegler, Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH), Institut für Diabetesforschung, Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Neuherberg, claudia.pecher@helmholtz-muenchen.de

Quelle: Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, Pressemeldung vom 25.10.2012

Den Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 01/13 auf Seite M5.

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