Editorial 02/04: Gute und schlechte Lebensmittel?
- 05.02.2004
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Helmut Erbersdobler, Kiel
Prof. Dr. Helmut ErbersdoblerKeine Phrase wurde im letzten Jahr im Ernährungsbereich so häufig benutzt wie die von den guten und schlechten, bzw. „gesunden und ungesunden“ Lebensmitteln. Ob in den Kommentaren zur Verordnung der EU über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben für Lebensmittel im Zusammenhang mit der Nährstoff-Anreicherung der Lebensmittel, Versuchen zur Einschränkung von Werbeaussagen, Maßnahmen zur Bekämpfung der Adipositas, oder Verlautbarungen verschiedener Organisationen, immer mussten die guten und schlechten Lebensmittel herhalten. Die letzteren, die „verbotenen“ soll es ja eher nicht geben, so werden jedenfalls die 10 Regeln der DGE sowie Aussagen der WHO zitiert.
Was nun wären schlechte Lebensmittel, wenn es sie denn gibt? Alle stimmen überein, dass verdorbene Lebensmittel schlecht sind, ebenso mikrobiell oder mit Toxinen kontaminierte. Auch Lebensmittel, die, aus welchen Gründen auch immer, schlecht schmecken, gehören sicher dazu, oder Nahrung, die unprofessionell zubereitet, etwa versalzen, nicht richtig gewürzt oder „zerkocht“ wurde.
Allerdings sind diese Produkte nicht gemeint, wenn von „schlechten“ Lebensmitteln die Rede ist. Gemeint sind Lebensmittel, die einen geringen Nährwert haben oder einseitig zusammengesetzt sind. Was unter Nährwert zu verstehen ist und wie Lebensmittel zusammensetzt sein sollen, das definieren bestimmte Kreise nach Gutdünken.
Meiner Meinung nach ist der Begriff „schlecht“ bzw. „ungesund“ kein geeignetes Attribut für Lebensmittel, die im Nährwert bestimmten Wünschen nicht entsprechen oder mit einem Tabu belegt sind. Darunter fielen dann ja nicht nur Lebensmittel, die man wegen nicht vorhandener Nährstoffe nur im begrenzten Umfange verzehren sollte, sondern auch solche, die aus weltanschaulichen Gründen bzw. wegen gewisser Inhaltsstoffe (z. B. Allergene) gemieden werden. Auch der Genusswert würde dabei zu negativ eingestuft.
Das alles meinen die DGE, und die WHO, wenn sie sagen, dass es keine guten und schlechten bzw. gesunden und ungesunden Lebensmittel gibt. Das ist allerdings noch lange kein Freibrief, alle angebotenen Lebensmittel freizügig und ohne Einschränkungen zu empfehlen. Daher ist es auch nicht sinnvoll, Lebensmittel, die vorwiegend dem Genuss dienen sollen, mit Nährstoffanreicherungen „aufzupeppen“; es sei denn, dies ist für die gesamte Bevölkerung sinnvoll und mit anderen Lebensmitteln nur schwer zu realisieren. Die Jodanreicherung des Kochsalzes wäre hier als positive Ausnahme zu nennen.
Es gibt also Lebensmittel, die soll man oft und z. T. jeden Tag sogar mehrmals essen, und andere, die man seltener – dann machen sie erst richtig Spaß! – aber durchaus mit Freuden genießen kann. Ich verkneife es mir, Lebensmittel aufzuführen, denn hier hat jeder Verbraucher individuelle Vorlieben.
Also alles zu seiner Zeit. Wie sagt doch der Volksmund: „Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps“. Lassen sie uns dies beherzigen. Damit wünsche ich Ihnen eine schöne und fröhliche närrische 5. Jahreszeit. Denn Sie wissen ja: “Es gibt keine schlechten Lebensmittel, aber der Karneval ist kurz und lang das Jahr. Helau!“