Deutschland - Nitrofen in Futtermittel nachgewiesen

Am 24. Mai wurde bekannt, dass ein niedersächsisches Futtermittelwerk mit Nitrofen kontaminiertes Futter an Halter von Bio-Geflügel geliefert hatte. Die betroffenen Chargen wurden inzwischen aus dem Verkehr gezogen. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass belastete Eier und Geflügelprodukte bereits verzehrt worden sind. Das seit 1988 EU-weit, seit 1990 auch in Ostdeutschland verbotene Nitrofen steht in Verdacht, kanzerogen und teratogen zu wirken.

In einer Stellungnahme des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) vom 28. Mai zur gesundheitlichen Bewertung von Nitrofen heißt es: "Bei der dem BgVV bis heute mitgeteilten höchsten Rückstandskonzentration von Nitrofen von 0,8 mg je kg in Putenfleisch besteht unter Zugrundelegung einer täglichen Verzehrs-menge von 300 Gramm und eines Körpergewichts von 60 kg ein unzureichender Sicherheitsfaktor zu der niedrigsten Dosis im Tierversuch, bei der noch schädliche Effekte auftraten. Daher sind alle Maßnahmen zu ergreifen, um die Quellen für Rückstände in Futtermitteln aufzudecken und sicherzustellen, dass kontaminierte Futtermittel nicht mehr zur Verwendung sowie Lebensmittel mit nachweisbaren Nitrofenrückständen nicht zum Verbraucher gelangen" (www.bgvv.de – Stichwort Aktuelles).

Die vom niedersächsischen Landwirtschaftsministerium eingeleiteten Untersuchungen ergaben, dass mindestens 550 Tonnen Öko-Weizen Nitrofen-Rückstände aufwiesen. Weiter wurde am 28. Mai bekannt, dass der Futtermittelhersteller im Zeitraum November 2001 bis Mai 2002 bei Eigenkontrollen insgesamt 31 Mal Nitrofen nachgewiesen hatte. Das Getreide war trotz der positiven Befunde an 120 Biobetriebe in mehrere Bundesländer abgegeben worden. Nach Angaben von Verbraucherschutzministerin Renate Künast waren neben Niedersachsen auch Betriebe in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt betroffen. Die Herkunft der Nitrofenbelastungen konnte am 1. Juni geklärt werden: Ein Getreidelager in Mecklenburg-Vorpommern, in dem zu DDR-Zeiten Pflanzenschutzmittel lagerten, wurde zur Einlagerung des Öko-Getreides genutzt. In einer Fegeprobe wurden 2000 mg Nitrofen pro Kilogramm Staub nachgewiesen.

Erstmals waren im Dezember 2001 Rückstände des Herbizids Nitrofen (2,4-Dichlorphenyl-4‘-nitrophenylether) in Putenfleisch eines Babynahrungsherstellers nachgewiesen worden, und am 19. März hatte die Bundesanstalt für Fleischforschung (BAFF), Kulmbach, diese bestätigt. Dabei wurden in den Proben 0,08 bis 0,4 mg Nitrofen/kg ermittelt (zulässige Höchstmenge: 0,01 mg/kg Lebensmittel). Erst am 24. Mai gelangten Informationen darüber zunächst an das BMVEL und später an das niedersächsische Landwirtschaftsministerium.

Ungeachtet der jüngsten Vorkommnisse lehnte der Bundesrat am 31. Mai das Verbraucherinformationsgesetz ab. Die Bundesregierung wird jetzt den Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag anrufen. Dem Öko-Landbaugesetz hingegen stimmte der Bundesrat zu. Mit diesem soll in Deutschland u. a. ein effizientere Durchführung der EG-Öko-Verordnung erreicht werden. EU06/02

Weitere Kurzberichte finden Sie in Ernährungs-Umschau 06/02 ab Seite 241.

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