Physiologie: Uni Bonn weist nach: Bisphenol A blockiert Zellfunktion
- 07.01.2013
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Das in vielen Kunststoffprodukten enthaltene Bisphenol A steht schon seit vielen Jahren in Verdacht, insbesondere auf Föten und Säuglinge gesundheitsschädigende Wirkungen zu haben. Forscher der Universität Bonn wiesen nun in Experimenten an Gewebeproben von Mäusen und Menschen nach, dass die Umweltchemikalie die Kalziumkanäle in den Zellmembranen blockiert, ähnlich wie Medikamente, die bspw. bei Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen verabreicht werden.
Die Umweltchemikalie Bisphenol A wird weltweit und in großem Umfang für die Herstellung von Polycarbonat-Kunststoffen und Kunstharzen verwendet. „Nach neueren Erkenntnissen kann die Substanz den Hormonhaushalt beeinflussen sowie Enzyme und Transportproteine in ihrer Funktion beeinträchtigen“, berichtet Prof. Dr. Dieter SWANDULLA vom Institut für Physiologie II der Universität Bonn.
Der Stoff werde mit Herzkrankheiten, Diabetes mellitus, Übergewicht, Krebs und neurologischen Störungen in Zusammenhang gebracht. „Insbesondere Föten und Neugeborene scheinen besonders sensitiv auf BPA zu reagieren“, sagt der Physiologe. Wegen der nicht vorhersehbaren Wirkungen verbot die EU-Kommission im Jahr 2011 vorsorglich die Verwendung von BPA in Babyflaschen.
Das Forscherteam um Prof. SWANDULLA stellte nun in Experimenten an Gewebeproben von Mäusen und Menschen fest, dass BPA für die Zellfunktion wichtige Kalziumkanäle in der Zellmembran reversibel blockiert. Durch diese porenartigen Kanalproteine gelangt das Kalzium in die lebenden Zellen, wodurch etwa die Kontraktion von Herzmuskelzellen, die Aktivität von Enzymen und die Kommunikation der Nervenzellen untereinander gesteuert werden.
Medikamente z. B. zur Behandlung von Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen einerseits und Nervengifte – z. B. Schwermetalle – andererseits wirken ganz ähnlich auf diese Kalziumkanäle. Dies ist ein weiterer wichtiger Hinweis darauf, dass BPA tatsächlich gesundheitsschädliche Wirkungen im Organismus hervorrufen kann. Da die Bindung des BPA an den Kalziumkanal reversibel erfolgt, bestehe immerhin die Möglichkeit, dass die Chemikalie vom Körper wieder ausgeschieden wird.
Allerdings sind BPA und verwandte Substanzen mittlerweile nahezu überall in der Umwelt messbar: Sie kommen z. B. in CDs, Geldscheinen, Einkaufszetteln, Konservendosen, Zahnfüllungen und Flammschutzmitteln, aber auch in der Atemluft und im Hausstaub in wirksamen Mengen vor, sodass der Mensch inzwischen chronisch mit diesen Substanzen belastet ist. „Es wäre deshalb wünschenswert, die Produktion von BPA komplett einzustellen“, sagt Prof. SWANDULLA. „Es würde aufgrund des Herstellungsvolumens und der weiten Verbreitung aber sehr lange dauern, bis die Umwelt und der Mensch endgültig von dieser Chemikalie befreit wären.“ Ziel müsse es deshalb sein, Ersatzstoffe zu finden, die keine schädlichen Wirkungen auf den menschlichen Organismus und andere Organismen haben.
Literatur: Bisphenol A inhibits voltage-activated Ca2+ channels in vitro: mechanisms and structural requirements. Molecular Pharmacology [DOI: 10.1124/mol.112.081372]. Kontakt: Prof. Dr. Dieter SWANDULLA, Institut für Physiologie II, E-Mail: dieter.swandulla@ukb.uni-bonn.de.
Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Pressemeldung vom 04.12.2012
Den Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 01/13 auf Seite M7.