Essstörungen: Fütterungsstörungen im Säuglings- und Kleinkindalter

Schwierigkeiten beim Essen und Füttern im Säuglings- und Kleinkindalter sind heute sehr verbreitet. Häufig sind sie vorübergehend. Von einer Störung spricht man erst dann, wenn die Essprobleme sehr ausgeprägt sind und länger andauern, der Leidensdruck bei den Eltern sehr groß ist, oder wenn Kinder nicht zunehmen bzw. an Gewicht verlieren.

Die Probleme können sehr unterschiedliche Ursachen haben. Bei einigen Kindern stehen organische und motorische Schwierigkeiten im Vordergrund, bei anderen überwiegen Probleme im Verhalten oder in der Interaktion. Frühkindliche Ess- und Fütterungsstörungen sind klar abzugrenzen von Störungen wie Bulimie und Magersucht, die überwiegend erst ab der Pubertät auftreten.

Kinder mit Essverhaltensstörungen sind meist sehr wählerisch und akzeptieren nur extrem wenige Lebensmittel. Oft werden auch Speisen mit grober oder stückiger Beschaffenheit oder feste Nahrung verweigert. Etliche Kinder erbrechen häufig und manche verweigern die Nahrung vollständig. Verständlicherweise ist die Interaktion zwischen Eltern und Kind in der Esssituation ebenfalls oft auffällig. Die Eltern sind in großer Sorge und unter Druck, weil ihr Kind nicht zunimmt, und geben diesen Druck unwillkürlich an das Kind weiter. Es gibt häufig Machtkämpfe, das Essen gelingt nur mit viel Ablenkung oder mit Überredung und Zwang. Manchmal gibt es auch gar keinen Essensrhythmus, sondern die Eltern machen dem Kind den ganzen Tag über fast ununterbrochen Angebote.

Die Grenzen zwischen primär organischen Essproblemen und Essverhaltensstörungen sind fließend. Bei vielen Kindern bestanden in der Vergangenheit organische Probleme, aus denen sich eine Essstörung entwickelt hat. Aufrechterhalten wird diese jedoch durch Schwierigkeiten in der Beziehung und durch verhaltensbedingte Probleme. Behandelt werden können Fütterungsstörungen in Säuglingsambulanzen und Kinderkliniken/- zentren, v. a. wenn sich diese auf Verhaltensstörungen spezialisiert haben.

Im Kinderzentrum Maulbronn erfolgt bei einer stationären Aufnahme zur Therapie zunächst eine ausführliche interdisziplinäre Diagnostik, bei der u. a. Fütterungsposition, taktile Wahrnehmung, Mundmotorik, der äußere Ablauf der Essenssituation und die Eltern-Kind-Interaktion beurteilt werden. Zu Beginn der Behandlung wird häufig ein strukturierter Essensplan mit festgelegten Rahmenbedingungen für die Mahlzeiten vereinbart. Auf Video aufgezeichnete Esssituationen werden in Hinblick auf das Verhalten des Kindes sowie die Interaktion zwischen Kind und Bezugsperson ausgewertet. Anschließend werden Veränderungen zusammen mit den Eltern erarbeitet, die zu einer Entspannung oder Verbesserung der Situation beitragen.

Im Gespräch werden evtl. belastende Faktoren in der Vorgeschichte oder in der aktuellen Lebenssituation thematisiert. Durch kleine Schritte und positive Verstärkung kann das Kind lernen, Neues zu tolerieren. Die Eltern werden von Logopädin und Psychologin angeleitet, Signale des Kindes besser zu verstehen und adäquat darauf zu reagieren. Erfreulich oft gelingt es bei einer frühzeitigen Behandlung, negative Muster zu unterbrechen und durch positive Verhaltensweisen zu ersetzen.

Kontakt: Kathrin Sehmsdorf (Dipl.Psych./Psych.Psychotherapeutin), Birgit Rösch (Logopädin) Kinderzentrum Maulbronn (Klinik für Sozialpädiatrie und Kinderneurologie)

Quelle: Infodienst Landwirtschaft – Ernährung – Ländlicher Raum (LEL), Pressemeldung 11/2013

Dem Thema Fütterungsstörungen bei Säuglingen und Kleinkindern widmet sich das Special im kommenden Heft (04/2013) der Ernährungs Umschau.

Den vollständigen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 03/14 auf Seite M124.

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