Editorial 02/11: Abwärtsspirale?

Prof. Dr. Helmut Erbersdobler
Herausgeber

In den Medien wird teilweise den Verbrauchern die Schuld an der neuesten Dioxinmisere gegeben. Durch ihre Sucht nach Billigprodukten würden sie eine Abwärtsspirale in Gang setzen, die Druck auf eine immer billigere Produktion ausübt. Ich glaube, dass die kriminelle Energie, die sich gerade jetzt wieder zeigt, unabhängig von der Preissituation bei den Lebensmitteln ist. Ob teuer oder billig, Gift gehört nicht ins Lebensmittel.

Eigentlich sollten wir genug damit zu tun haben, uns in der sich rasant fortentwickelnden Zeit zurechtzufinden. Denn wir können nicht mehr so essen wie unsere Oma, wie kürzlich gefordert wurde. Dazu hat sich unsere Gesellschaftsstruktur (z. B. die Arbeitssituation) zu sehr verändert. Aber im Gegensatz zur Oma, die froh war, wenn sie täglich satt wurde, haben wir die unsägliche Qual der Wahl zwischen unzähligen unnötigen, ja nutzlosen Lebensmitteln und wirklich segensreichen Innovationen. Immer müssen wir auch nach neuen Gefahren suchen, sie ggf. eliminieren oder zumindest in Schranken halten.

Das fiel mir gerade wieder beim Lesen des Interviews über östrogene Aktivitäten im Wasser aus PET-Flaschen (S. 83 des Specials in diesem Heft) auf. Ist die dort gemessene Menge angesichts der großen Mengen aus hormoneller Eigensynthese unbedeutend? Oder ist dies doch wegen ungünstiger Eigenschaften dieser Verbindungen, z. B. einer hohen Persistenz, von biologischer Relevanz? Wir wissen es nicht und müssen es ergründen. Umso ärgerlicher ist es, wenn Forschungskapazitäten durch kriminelle Praktiken, wie den Dioxinskandal, einseitig gebunden sind. Nebenbei: Auch die „Ganoven“ werden sich die Hände reiben. Wer hat derzeit Kapazitäten, z. B. Gammelfleisch-Vergehen nachzuspüren?

Was können wir tun? Ich meine, man sollte sich ein Beispiel am Vorgehen gegen ertappte Dopingsünder nehmen. Sie werden für einige Zeit in der Ausübung ihres Geschäfts gesperrt – und zwar so, dass es wirklich weh tut – und ihre Tat wird öffentlich gemacht.

Derzeit werden hektisch Pläne geschmiedet, und wenn die Woge über uns hinweg gebrandet ist, wird vieles wieder Makulatur sein. Frei nach Sepp Herberger könnte man sagen: „Nach dem Skandal ist vor dem Skandal“. Die Menschheit ist leider verderbt und vermutlich ist mit den Neandertalern die Gutmenschen-Gattung ausgestorben.

Übrigens, auch dieser war schon am Lagerfeuer mit Dioxinen konfrontiert – und nicht zu knapp!

Bleiben Sie empört,

Ihr Helmut Erbersdobler

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