Zu guter Letzt 06/10: (Himalaya)Salz

„Edelsalz“-Produkte, z. B. Himalayasalz oder Fleur de Sel, werden heute viel beworben und auch von Star-Köchen propagiert. Dabei mutet es allerdings schon kurios an, wenn zum Garen eines Gerichts in der Salzkruste teures Meersalz vorgeschlagen wird – ein Edelprodukt praktisch zum Wegwerfen. Oder ist es nur das Bestreben der Edelköche, etwas Exquisites zu kreieren, sich also von der Masse der übrigen Köche abzuheben?

Schmecken diese „Edelsalze“ nun wirklich besser, sind sie gar gesünder? Wie so oft bei derartigen – eher esoterisch anmutenden – Produkten gibt es kaum konkrete Belege. Es kommen nur Hinweise auf die naturnahe aber sorgfältige Gewinnung sowie den Verzicht auf Reinigung und Zusätze. Auch auf den Gehalt an gesunden Spurenstoffen wird verwiesen. Hinsichtlich des Geschmacks wäre es durchaus interessant, diese Salze einmal an einem Frühstücksei zu testen. Möglicherweise schmeckt es dort schon allein aufgrund seiner anderen Körnigkeit und der fehlenden Staubigkeit tatsächlich besser. Keinen Sinn würde es meines Erachtens für das Kochen von Pellkartoffeln machen oder, wie tatsächlich empfohlen, als Badezusatz (ein kg à 12,80 Euro pro Wanne – Cleopatra lässt grüßen!).

Zum Gesundheitswert ist zu fragen, ob die enthaltenen Spuren an Eisen u. a., die nicht zuletzt auch für die Farbigkeit der Kristalle verantwortlich sind, zu Buche schlagen und ob Silikate, die im üblichen Kochsalz als Rieselhilfsmittel eingesetzt werden, schädlich sind. Ob man die Jodzugabe in unserem Standardsalz als unverzichtbar ansieht oder verteufelt, ist sicher Glaubensfrage, wenngleich die wissenschaftliche Evidenz eindeutig für das Jodsalz spricht.

Zu all dem kommt noch eine kulturpolitische Komponente: Himalaya-Salz „riecht“ nach Dalai Lama, auch wenn es weit weg von Tibet in den Ebenen Pakistans gesammelt wird (aus den oberflächlichen Himalaya-Gesteinen ist sicher bereits alles Salz ausgewaschen). Für die arme Bevölkerung dort wäre das Sammeln und Sortieren der Salzkristalle (hoffentlich ohne Kinderarbeit) schon ein Vorteil. Allerdings nur, sofern den horrenden Preisen, die hierzulande erzielt werden, wenigstens annähernd auch Erlöse im Herkunftsland gegenüberstehen. Beim Meersalz erscheint es sinnvoll, die wenigen noch verbliebenen Salinen an den südlichen Meeresstränden zu retten, auch hier dürfte aber der Gesundheitsaspekt zu vernachlässigen sein.

Insgesamt zeigt das Thema Kochsalz in typischer Weise das Schicksal unserer Lebensmittel auf: Einerseits wird immer mehr Aufwand für die Convenience und Standardisierung betrieben. Auf der anderen Seite werden manche Waren aufgrund echter oder künstlicher Verknappung und durch Differenzierung und Idealisierung verteuert und zu Modeprodukten aufgepeppt. Lassen Sie sich’s nicht verdrießen. Kaufen Sie ruhig ein Döschen Himalayasalz für das Frühstücksei oder Fleur de Sel als knirschendes Darüberstreusel für Edelspeisen. Und salzen Sie die übrigen Speisen mit dem üblichen jodierten Speisesalz – der Gesundheit und nicht zuletzt dem Geldbeutel zuliebe maßvoll.

Herzliche Grüße und lesen Sie die Artikel zum Kochsalz in diesem und den folgenden Heften

Ihr

Helmut Erbersdobler

 

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