Editorial 01/12: Neue Referenzwerte für Vitamin D
- 09.01.2012
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- Redaktion
Über kein anderes Vitamin wird derzeit so intensiv diskutiert wie über Vitamin D. Besonders interessant ist dieses Vitamin schon deshalb, weil wir es sowohl über die Ernährung exogen zuführen als auch endogen durch Sonnenbestrahlung selbst bilden können.
In den letzten Jahren wurden zahlreiche Studien publiziert, die nicht nur den bekannten Zusammenhang zwischen Vitamin D und Knochengesundheit bestätigten, sondern auch auf eine mögliche Rolle des Vitamins für das Risiko verschiedener chronischer Krankheiten hinwiesen . Das große öffentliche Interesse ist auch darauf zurückzuführen, dass in Deutschland ca. 60 % der Bevölkerung eine Serumkonzentration des 25-Hydroxyvitamin D unter dem Grenzwert von 50 nmol/l aufweisen. 25-Hydroxyvitamin D spiegelt die Gesamtversorgung mit Vitamin D wider.
Vor diesem Hintergrund hat die DGE eine Stellungnahme „Vitamin D und Prävention ausgewählter chronischer Krankheiten“ erarbeitet. Hierfür wurde in Anlehnung an die Methodik der DGE-Leitlinien eine Evidenzbewertung durchgeführt. Die systematische Bewertung kam zu dem Ergebnis, dass nur bei Älteren für Stürze, Frakturen, Funktionseinbußen des Bewegungsapparates und vorzeitigen Tod eine überzeugende bzw. wahrscheinliche Evidenz für eine Risikosenkung durch eine Vitamin-D-Supplementation bzw. eine gute Vitamin-DVersorgung besteht. Andere Hypothesen zur Prävention von Krankheiten durch Vitamin D, z. B. Diabetes mellitus Typ 2, konnten nicht bestätigt werden.
Die DGE hat unter anderem auf der Grundlage dieser Stellungnahme die Referenzwerte für die Vitamin-D-Zufuhr überarbeitet. Da der Beitrag der endogenen Synthese von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst wird und somit eine genaue Quantifizierung nicht möglich ist, werden die neuen Referenzwerte für die Vitamin-D-Zufuhr als Schätzwerte angegeben. Durch diese Schätzwerte soll eine angemessene Vitamin-D-Versorgung bei fehlender endogener Synthese gewährleistet werden.
Für Kinder, Jugendliche und Erwachsene beträgt der Schätzwert für die Vitamin-D-Zufuhr bei fehlender endogener Synthese 20 μg pro Tag. Von diesen 20 μg werden bei Kindern 1 bis 2 μg und bei Jugendlichen und Erwachsenen 2 bis 4 μg pro Tag über die Ernährung mit den üblichen Lebensmitteln zugeführt. Diese Menge reicht nicht aus, um den Schätzwert für die angemessene Zufuhr bei fehlender endogener Synthese zu erreichen, welche die gewünschte Serumkonzentration sicherstellt. Die Differenz muss demzufolge über die endogene Synthese durch häufige Sonnenexposition und/oder über die Einnahme eines Vitamin-D-Präparates gedeckt werden.
Bei häufiger Sonnenexposition kann die gewünschte Vitamin-D-Versorgung ohne Einnahme eines Vitamin-D-Präparates erreicht werden. Damit wird deutlich, dass nur Personen, die sich kaum oder gar nicht bzw. nur vollständig bekleidet bei Sonnenschein im Freien aufhalten, oder Personen mit dunkler Hautfarbe zur Sicherstellung der gewünschten Versorgung in unseren Breiten ein Vitamin-D-Präparat benötigen.
In der Altersgruppe der über 65-Jährigen ergibt sich eine stärkere Notwendigkeit des Einsatzes von Vitamin-D-Präparaten, da im Alter die endogene Vitamin-D-Bildung deutlich abnimmt. Halten sich Ältere zudem weniger im Freien auf, wie dies insbesondere bei mobili tätseingeschränkten, chronisch kranken und pflegebedürftigen älteren Menschen oft der Fall ist, nimmt der Beitrag der endogenen Synthese zur Versorgung zusätzlich ab. Die neue Fassung der Referenzwerte für Vitamin D und die Stellungnahme „Vitamin D und Prävention ausgewählter chronischer Krankheiten“ können Sie kostenfrei unter www.dge.de abrufen.
Veröffentlichungen der DGE werden entsprechend aktualisiert. So findet sich der neue Referenzwert bereits in dem wieder erhältlichen Nachdruck der Broschüre „Nährstoffe – Bausteine für Ihre Gesundheit“. Die in der Ernährungs Umschau erscheinende Reihe „Basiswissen aktualisiert“ wird sich voraussichtlich im März mit Vitamin D befassen.
Wir danken allen an dem Prozess beteiligten Kolleginnen und Kollegen und wünschen uns, dass diese Ergebnisse Eingang in Ihre tägliche Arbeit finden.
Prof. Dr. Helmut Heseker
Präsident der DGE
PD Dr. Jakob Linseisen
Vorsitzender der AG Vitamin D der DGE
Prof. Dr. Helmut Erbersdobler
Herausgeber der Ernährungs Umschau