Editorial 6/2020: Ernährungsberatung digital und telefonisch

Wie kann Ernährungsberatung auch während der Corona-Pandemie aufrechterhalten werden? Zwar wurden die Einschränkungen mittlerweile wieder gelockert, so „wie vorher“ ist es jedoch nicht – und eine zweite Erkrankungswelle steht uns evtl. noch bevor.

Ohne physischen Kontakt können Beratungstermine bspw. am Telefon, per (Video)Chat oder in Social-Media-Gruppen stattfinden. Das kommt vielen KlientInnen nicht nur „während Corona“ entgegen, denn es ist niedrigschwelliger und entspricht dem digitalen Zeitgeist. Auch Menschen, die keine qualifizierte Ernährungsberatung in ihrem Umfeld finden oder zu einer selteneren Indikation Unterstützung benötigen, profitieren – und umgekehrt ebenso BeraterInnen, die in abgelegeneren Gegenden praktizieren oder zu selteneren Indikationen beraten. Auch alleinerziehende Elternteile, zeitlich stark eingespannte, im Ausland lebende oder körperlich eingeschränkte Personen könnten Tele-Ernährungsberatung nutzen. Und schließlich eignen sich digitale Einheiten für ein „Schnuppergespräch“ oder kurze Check-ups, bspw. in der Mittagspause.

Digital und telefonisch soll die 1:1-Beratung jedoch nicht ersetzen, sondern sie erweitern, unterstützen. Beratungsfachkräfte können engmaschiger betreuen, Menschen in ihrem Essalltag erreichen – wodurch eine Ernährungsumstellung nachhaltiger gelingen kann. Und: Ernährungsfachkräfte überlassen das wachsende Online-Beratungsfeld nicht selbsternannten „Ernährungscoaches und -expertInnen“.

Das alles benötigt natürlich Energie und Zeit: BeraterInnen müssen sich einarbeiten, Digital- und Medienkompetenz entwickeln, aber auch Selbstkompetenz erlernen, damit wir die Technik und nicht die Technik uns beherrscht.1 Die Beiträge zur digitalen Ernährungsberatung von Dr. Elke Arms und Monika Götz (ab S. M330) sind noch vor der Corona-Pandemie entstanden – was noch einmal die Relevanz des Themas unterstreicht. Elke Arms diskutiert die digitalen Entwicklungen und Trends im Bereich Ernährungsberatung und bespricht die Auswirkungen auf unseren Berufsstand. Monika Götz umreißt die spezifischen Anforderungen und Einsatzmöglichkeiten der verschiedenen Formate und Online-Methoden. Ergänzend finden Sie eine Kurzmeldung zu den von Stiftung Warentest geprüften Videochat-Softwares (S. M317) in diesem Heft und erfahren im Interview mit Barbara Contzen auf ERNÄHRUNGS UMSCHAU Online PLUS, wie sie ihre Ernährungs-Seminare auf Webinare umstellt.

Gedacht sind die Beiträge als Einstieg in die „digitale Ernährungsberatung“, denn natürlich wären noch viel mehr Seiten und Beiträge nötig, um das Thema in seiner ganzen Tiefe darzustellen (datenschutz- und vertragsrechtliche Aspekte, welche Software und welche Geräte passen zu wem, Umgang mit Problemen, wie ändert sich die Kommunikation etc.). Klar wird jedoch: Aus der Krise können wir auch für die Zukunft lernen, für professionellere Digitalisierung und ein erweitertes Angebot an Tele-Ernährungsberatung auch nach der Corona-Pandemie.

Herzlichst, Ihre Stella Glogowski

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1 Für eine selbstbestimmte und gesunde Haltung in der digitalen Welt: Editorial „Digital emanzipiert und OMline“ in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 11/2019 und Bericht zu unserer Tagung „Ernährungsfachkraft 4.0 – Erfolgreich OMline“ auf unserer Homepage unter „Online PLUS“.



Dieses Editorial finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 6/2020 auf Seite M313.

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