Editorial 01/2016: Appetizer

Nach der zurückliegenden und für Sie alle hoffentlich besinnlichen Weihnachtszeit gilt es nun, die Sinne für das noch ganz junge Jahr zu schärfen. Wohl kaum ein anderer Bereich des Alltagslebens ist derart von sinnlichen Wahrnehmungen abhängig wie Essen und Trinken. In dieser Ausgabe der ERNÄHRUNGS UMSCHAU wird dies gleich in vier Beiträgen aus ganz unterschiedlichen Disziplinen deutlich.

Im zweiten Teil unseres Themen-Specials zu Geruch und Ernährung von Matthias Kotthoff und Svenja Nörenberg erfahren Sie mehr über die Bedeutung von Schlüsselaromastoffen für die Wahrnehmung von Lebensmitteln. Dabei geht es nicht ganz ohne Chemie, denn unsere Geruchsrezeptoren sind in der Lage, sogar Enantiomere, also Spiegelbild-Isomere des Moleküls Carvon zu unterscheiden: die (–)-Form riecht stark nach Minze, die (+)-Form charakteristisch nach Kümmel. Geht diese Unterscheidungsfähigkeit aufgrund einer Mutation der Geruchsrezeptoren verloren, schmeckt Pfefferminze nur nach Kräutern. Auch in der Debatte um synthetische und natürliche Aromen spielen die Erkenntnisse der Aromastoffchemie eine wichtige Rolle. Die ganz praktische Seite der Aromastoffe, nämlich den richtigen Umgang mit Gewürzen, beleuchten wir in unserem Interview mit dem Gewürzmüller Ingo Holland.

Die Wahrnehmung von Geruch und Geschmack der Speisen kann im Verlauf einer Krebserkrankung krankheitsbedingt oder als Folge der Therapie vorübergehend oder auf Dauer verändert sein. Wie Patienten und Angehörige damit umgehen, schildert der Beitrag von Nadine Kuklau und Ines Heindl. Für das sinnliche Erleben der Speisen spielen dann z. B. Aussehen und Konsistenz, aber auch Erinnerungen an frühere Geschmackserlebnisse und an die Zubereitung der Mahlzeiten eine wichtige Rolle.

Der menschliche Geschmacks- bzw. Geruchssinn ist in der Wahrnehmung und Charakterisierung von Aromakomponenten der rein instrumentellen Analytik überlegen, die Auswahl von Prüfpersonen/Panelisten für möglichst reproduzierbare Verkostungen von Lebensmitteln ist jedoch aufwändig. Der Beitrag von Karolin Höhl und Mechthild Busch-Stockfisch untersucht, welchen Einfluss die sensorische Schulung auf die Wahrnehmungs- und die Erkennungsschwelle hat.

Ich hoffe, die Beiträge in diesem Heft bringen Sie ein wenig auf den Geschmack, neben der beruflichen Auseinandersetzung mit Ernährungsthemen auch das sinnliche Erlebnis Essen und Trinken ganz individuell, vor allem aber auch in Gemeinschaft bewusst zu genießen und weiterzuentwickeln.

Ihr Udo Maid-Kohnert



Das Editorial finden Sie auch in Ernährungs Umschau 01/16 auf Seite M1.

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