Nachschlag: Kücheninventur

Erinnern Sie sich noch an Ihre erste Küchenausstattung? In meiner Studierendenbude waren das jeweils zwei Tassen, Gläser, Bierkrüge, tiefe und flache Teller, Messer, Gabeln sowie Ess- und Teelöffel. Dann noch jeweils ein/e Kochtopf, Pfanne, Schüssel, Schneebesen, Küchenmesser, Dosen- und Flaschenöffner plus Korkenzieher. Alles zusammen weniger als 30 Dinge.

Und heute? Das Porzellan ist längst zerbrochen, nur das ursprüngliche Besteck hat die Jahrzehnte überlebt. Haben Sie eine grobe Vorstellung davon, wieviel nützliche, praktische und funktionale oder aber absolut überflüssige und vielleicht nie gebrauchte Dinge sich in Ihren Küchenschubladen und -schränken befinden? Die irgendwann als notwendige Ergänzung angeschafft wurden oder als Geschenke an Mutter- oder Vatertagen, als Urlaubserinnerung, Nachlässe bzw. Erbstücke oder Verlegenheitsgeschenke und Mitbringsel den Haushalt erreichten und nie wieder verließen?
Schließlich bietet uns die Industrie für fast jeden erdenklichen Handgriff in der Küche zur allgemeinen Arbeitserleichterung, Zeit- und Muskelkraftersparung ein entsprechendes Utensil – bei Bedarf auch im eleganten Edelstahl-Designerlook. Machen Sie doch auch einmal eine Kücheninventur! Wir jedenfalls waren mehr als überrascht, dass unser wieder auf zwei Personen geschrumpfter Küchenhaushalt inzwischen ca. 1 000 Dinge umfasst. Selbst bei einer hypothetischen 100-köpfigen Gartenparty müsste wahrscheinlich niemand mit Plastikmesser und -gabel vom Plastikteller oder gar mit den Fingern essen. Dabei haben wir noch nicht einmal einen Butteroder Eierschneider, haben keinen Strunkschneider oder Ananasausstecher, keine Edelstahltuben- oder Ingwerpresse, keinen Zestenreißer, Fischschupper, Raclette- oder Austernmesser, keine japanischen Spezialmesser, kein Spaghettimaß, Eigelbtrenner oder Spiegeleiformer und auch keinen Eierschalensollbruchstellenverursacher.
Mir sind zwar keine aktuellen Statistiken über das heutige Inventar in Deutschlands Küchen bekannt. Es ist aber wohl davon auszugehen, dass manch Haushalt üppiger ausgestattet ist, als ein mittelalterlicher Fürsten- und wahrscheinlich auch Königshaushalt. So ist aus historischen Inventarlisten bekannt, dass ein fürstlicher Küchenhaushalt oft weniger als 200 Dinge umfasste. Viel mehr war auch nicht notwendig, da meist mit den Händen aus Schüsseln gegessen wurde und Gäste ihr eigenes Messer mitführten.
Leider haben wir es bei unserem letzten Umzug verpasst, auch aus den Küchenschubladen alle unnützen Dinge auszusortieren. Wahrscheinlich waren sie uns einfach zu schade für die Tonne, sodass sie dort jetzt bis ans Ende unserer Tage weiter schlummern dürften.

Ihr Helmut Heseker



Den Nachschlag finden Sie wie auch die Vorschau auf die nächste Ausgabe in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 1/2023 auf Seite M64.

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