Zu guter Letzt 05/14: Zimtzicken

Meine Tochter, Mutter von drei Kindern, stellte mir kürzlich die Frage nach den abträglichen Wirkungen von Zimt, wovon sie aus Freundeskreisen gehört hatte. Ich erklärte ihr kurz die Problematik der hohen Cumarin-Gehalte in Cassia-Zimt und ergänzte, dass Ceylon-Zimt (ca. 0,02 g/kg) unproblematisch, aber auch wesentlich teurer sei. Cumarin kann Kopfschmerzen verursachen, bei hohen Mengen auch Leberschäden*. Eine krebsauslösende Wirkung gilt nicht als überzeugend gesichert.

Was ich zunächst noch nicht wusste, war, dass meine Tochter bereits eine harmlose (ohne die toxikologischen Fragen anzusprechen) Anfrage an eine bekannte Gewürzfirma gerichtet hatte. Deren Antwort überraschte mich dann doch (s. nachstehendes Zitat [Änderungen in eckigen Klammern]):

„Zimt wird weltweit seit Jahrtausenden als Gewürz verwendet, ohne dass Nebenwirkungen bekannt sind. Cumarin ist kein künstlich zugesetzter Stoff, sondern ein natürlicher Bestandteil von Zimt. In einer Bewertung aus dem Jahr 2007 durch das [Bundesinstitut für Risikobewertung] (BfR) wird dennoch eine Höchstmenge von 1800 mg Cumarin je Kilogramm Zimt gefordert. Dieser Höchstwert ist durchaus umstritten. Dennoch haben wir unsere Zimtprodukte bezüglich des Inhaltsstoffs Cumarin entsprechend standardisiert.

Unser gemahlener Zimt besteht aus einer Mischung aus Ceylon- und Cassia-Zimt. Durch diese verschiedenen Provenienzen sichern wir die Einhaltung der empfohlenen Höchstmenge bei gleichzeitiger Beibehaltung des Ihnen bekannten Zimt-Geschmackes. Bei Verzehr von Zimt in den üblicherweise zu erwartenden Verwendungsmengen (wie diese z. B. in gängigen Rezepten beschrieben sind) [ist somit] eine Überschreitung der vom BfR empfohlenen Aufnahmemengen nicht zu erwarten. Bei den Zimtstangen handelt es sich um Cassia-Zimt, den wir aus Indonesien beziehen.“

Damit wird auch hier ein Weg gegangen wie vielfach bei der Schadstoffproblematik üblich: Kontaminierte Produkte werden nicht verworfen, sondern soweit mit sauberem Material verschnitten, bis die gesetzlichen Grenzwerte nicht mehr überschritten werden. Das ist gesetzlich sicher zumeist nicht zu beanstanden, aber oft ethisch nicht vertretbar. Sicherlich werden bei Zimt toxische Grenzen bei üblichem Verzehr (z. B. von Zimtsternen) nicht überschritten.

Anders wäre es allerdings bei der gelegentlich ausgesprochenen Empfehlung, zur Prävention von Diabetes täglich Zimtpulver teelöffelweise zu sich zu nehmen. Außerdem empfehlen viele Spitzenköche großzügige Zimtzugaben in vielen Gerichten. Die Firmen argumentieren, dass der Cassia-Zimt intensiver schmecke und die verfügbaren Mengen an Ceylon-Zimt den Bedarf an Zimt nicht decken würden. Das mag derzeit so sein, dann sollte man aber das Vorgehen offenlegen und die Provenienz des Zimts deklarieren.

H. Erbersdobler

Den vollständigen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 05/14 auf Seite M288.

*Die tolerierbare Dosis (TDI-Wert), die ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ein Leben lang täglich aufgenommen werden kann, liegt bei 0,1 mg pro kg Körpergewicht. Quelle: Neue Erkenntnisse zu Cumarin in Zimt. Stellungnahme Nr. 036/2012 des BfR vom 27. September 2012.

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