Editorial 5/2022: Weiter so ist keine Option
- 11.05.2022
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- Udo Maid-Kohnert
Im Februar 2019 haben wir in der ERNÄHRUNGS UMSCHAU erstmals umfangreicher über den Eat Lancet Report1 und die in diesem Bericht vorgeschlagene Planetary Health Diet berichtet. Auch das Themenspecial der Juli-Ausgabe 2019 war dem weltweiten Ernährungssystem gewidmet. Die damalige Bundes-Umweltministerin konstatierte, 2019 sei „das Jahr des Handelns“.
Dann kamen Corona, Afghanistan, der Jemen, die Ukraine und viele weitere Konflikte weltweit – und die Prioritäten des Handelns haben sich verschoben. Der europäische Green Deal droht unter die Panzerketten zu geraten, Klimaschutz und eine weltweite Umstellung der Produktion von Lebensmitteln und – ja, auch der Ernährungsweise – laufen Gefahr wieder zu Randthemen zu werden. Wenn mal Zeit ist und noch Geld dafür übrig ist.
Dabei muss klar sein: Der Planet Erde braucht keine Menschen. Selbst bei einer Erwärmung des Weltklimas um 5 °C wird es Ökosysteme auf diesem Planeten geben. So wie es an den nahezu 100 °C heißen Quellen der Tiefsee Ökosysteme von Archaebakterien gibt, sich auch in den Schlammgründen „umgekippter“ Gewässer Mikroorganismen tummeln. Nur – für die dann vielleicht noch lebenden Menschen wird es ungemütlich. Eine Planetary Health Diet ist also in erster Linie ein Weg, für Menschen lebenswerte und überlebbare Ökosysteme auf der Erde zu erhalten.
Seit den Vorschlägen der Eat Lancet-Kommission wurde viel diskutiert, ob die Planetary Health Diet realisierbar sei, die Kommission Eigeninteressen verfolgt habe, ob die einzelnen Vorschläge ausreichend evidenzbasiert seien und ob auch ja alle regionalen, ökonomischen und soziokulturellen Besonderheiten berücksichtigt wurden. Alles wichtige Fragen, die auch die beiden Beiträge ab den Seiten M252 und M269 in diesem Heft aufgreifen. Aber sie sollten nicht als Vorwand dienen, die dringend nötige Umstellung unseres globalen Ernährungssystems nicht in Angriff zu nehmen und jeden Teilschritt daran zu messen, ob er zu mehr Nachhaltigkeit, Ernährungssicherheit und sozialer Gerechtigkeit führt. Und wo es hakt, nachzusteuern, und zwar schnell. Der Gesundheitsaspekt einer stärker pflanzenbasierten Ernährungsweise ist dann ein netter Bonus.
Ihr Udo Maid-Kohnert
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1 https://eatforum.org/content/uploads/2019/07/EAT-Lancet_Commission_Summary_Report.pdf