Das Wiener Ernährungsprotokoll

  • 11.09.2019
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  • Isabel Bersenkowitsch
  • Birgit Kogler
  • Anna Tritscher
  • Sonja Visontai
  • Peter Putz

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Peer-Review-Verfahren / Manuskript (Original) eingereicht: 14.09.2018 / Überarbeitung angenommen: 27.02.2019

Anwendungszentrierte Entwicklung eines prospektiven Ernährungsschätzprotokolls zum Einsatz bei österreichischen Erwachsenen

Einleitung

Die Erhebung des Lebensmittelverzehrs gilt als zentrales Element in der Ernährungsepidemiologie und Ernährungsforschung [1]. Davon ausgehend kann die Nährstoffzufuhr einer Bevölkerungsgruppe beurteilt werden. Weiterführend sind Zusammenhänge zwischen dem Ernährungsverhalten und Auswirkungen auf die Gesundheit feststellbar. Das Risiko ernährungsassoziierter Erkrankungen kann somit auf Bevölkerungsebene abgeschätzt werden [2].

Individuelle Ergebnisse aus Verzehrerhebungen werden u. a. als Grundlage für Ernährungsberatungen herangezogen. Für die Erhebung des Ernährungsverhaltens stehen diverse Methoden zur Verfügung, die jeweils Stärken und Schwächen aufweisen. • Tabelle 1 zeigt einen Überblick über prospektive und retrospektive Ernährungserhebungsmethoden [3]. Erkennbar ist, dass Vor- und Nachteile der jeweiligen Erhebungsmethoden oft gegensätzlich sind – hohe Validität und Compliance scheinen schwer vereinbar zu sein. Bei dieser Herausforderung sollte das Wiener Ernährungsprotokoll ansetzen: hohe Compliance durch zeiteffiziente Anwendung bei gleichzeitig akzeptabler Validität.

Abstract

Das Wiener Ernährungsprotokoll wurde im Auftrag des österreichischen Nährwertdatenbankproviders dato Denkwerkzeuge an der FH Campus Wien entwickelt. Angelehnt an die Methodik des Freiburger Ernährungsprotokolls entstand das Schätzprotokoll im Zuge zweier Bachelorarbeiten. Ziel war es, ein einfaches, reliables und valides Ernährungsschätzprotokoll zu kreieren, das an österreichische Verzehrgewohnheiten angepasst sein sollte und dabei keiner persönlichen Instruktion bedarf. Es sollte die Ernährungserhebung für Protokollführende als auch für Auswertende im privaten, wissenschaftlichen, klinischen und kommerziellen Gebrauch effizienter und effektiver machen.

Die Entwicklung gliederte sich in drei Phasen. In der ersten Phase wurde die Anwendungsfreundlichkeit des Freiburger Ernährungsprotokolls durch das Projektteam beurteilt. Anschließend wurden Lebensmittelitems für das Wiener Ernährungsprotokoll auf Basis der österreichischen Verzehrshäufigkeitsdaten aus der umfassenden Europäischen Datenbank der European Food Safety Authority (EFSA) über den Lebensmittelverzehr ausgewählt. Zur Festlegung von Portionsgrößen wurden, sofern verfügbar, Einträge aus dem Nährwertprogramm nut.s® bezogen, worin der Bundeslebensmittelschlüssel (BLS, Version 3.02) und die Österreichische Nährwerttabelle (ÖNWT) als Quelle fungieren. In der zweiten Entwicklungsphase wurde der vorliegende Prototyp projektintern angewendet und evaluiert. Zuletzt wurden Stärken und verbleibende Schwächen für die finale Überarbeitung über ein Fokusgruppeninterview qualitativ identifiziert.

Das Wiener Ernährungsprotokoll resultierte als 12-seitige DIN-A5-Broschüre mit 182 vordefinierten Items. Zur Unterstützung bei der Schätzung von Portionsgrößen wurden Piktogramme entworfen. Ein einseitiger Anwendungsleitfaden erklärt die Vorgehensweise bei der Protokollführung und ersetzt dadurch eine persönliche Instruktion durch Fachkräfte. Nach Abschluss der Entwicklung wurden Reliabilität und Validität des Wiener Ernährungsprotokolls gegen ein Wiegeprotokoll anhand einer weiterführenden randomisierten Crossover-Studie überprüft.

Schlüsselwörter: Ernährungserhebung, prospektives Ernährungsschätzprotokoll, Wiener Ernährungsprotokoll, anwendungszentrierte Entwicklung, Verzehrshäufigkeiten, qualitative Inhaltsanalyse



Peer-reviewed / Manuscript (original contribution) received: September 14, 2018 / Revision accepted: February 27, 2019

The Vienna Food Record

User-centered development of a prospective food record for application in Austrian adults

Abstract

The Vienna Food Record was realized by FH Campus Wien – University of Applied Sciences for the Austrian nutritional database provider dato Denkwerkzeuge. This prospective food record was developed in the course of two bachelor theses and was based on the methodology of the Freiburg Food Record (Freiburger Ernährungsprotokoll). The aim was to create a simple, reliable, and valid food record that is adapted to the Austrian dietary behavior and does not require any interview or instruction by an expert. It was designed in order to simplify the process for those completing as well as those evaluating the record in private, scientific, clinical, and commercial settings.

The design of the Vienna Food Record took place in the course of three development phases. In the first phase, the project team evaluated the user-friendliness of the Freiburg Food Record. Moreover, food items were selected for the Vienna Food Record based on the intake frequencies of food items in Austria, as derived from the EFSA (European Food Safety Authority) Comprehensive European Food Consumption Database. In order to establish portion sizes, entries from the food composition program nut.s®, which is based on the German Food Composition Database (Bundeslebensmittelschlüssel [BLS] version 3.02) and the Austrian Nutritional Values Table (Österreichische Nährwerttabelle [ÖNWT]) were used, where available. In the second stage of development, the present prototype was applied and evaluated internally by the project staff. Finally, strengths and weaknesses were identified via a qualitative content analysis from a focus group interview, providing demands for the final revision.

The result was the Vienna Food Record: a 12-sided DIN A5 brochure with 182 pre-coded food items. Pictograms were included to support the estimation of the portion sizes. A single-page guideline explains the logging procedure and, thus, eliminates the need for an interview or instruction by an expert. After finalization of development of the Vienna Food Record, its reliability and validity were assessed against a weighed food record in a separate randomized crossover study.

Keywords: dietary intake assessment, prospective food record, Vienna Food Record, user-centered design, intake frequencies of food items, qualitative content analysis

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Den vollständigen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 9/2019 von Seite M525 bis M530.

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