Editorial 02/14: Ernährungswende?

Prof. Dr. Helmut Erbersdobler,
Herausgeber

Vor vielen Jahren propagierten die Grünen einen Benzinpreis von 5 DM. Heute weinen auch sie Tränen, wenn der Treibstoff mehr als 1,50 € kostet. Wasch mich, aber mach mir den Pelz nicht nass – könnte man zu den verbalen Verrenkungen zur Energiewende sagen.

Dass die Energiewende teuer werden würde, war von Anfang an klar, es wurde dem Verbraucher jedoch nicht klar gemacht. Man hoffte vergebens auf eine adäquate Angleichung der Kosten durch den Anstieg des Marktpreises für Kohle, Öl und Gas sowie eine Reduktion bei Wind- und Solar-Anlagen aufgrund der Massenfertigung.

Ähnliche Probleme kann man erwarten, wenn wir unser Essen auf überwiegend vegetabile Biokost umstellen, wie gerade kürzlich in den Massenprotesten zur Grünen Woche in Berlin gefordert. Derzeit wird ein Preisanstieg noch nicht so deutlich, wie auch der Artikel auf Seite 32 in diesem Heft zeigt. Dies hängt auch mit der gesamten unübersichtlichen Subventionspolitik zusammen. Die Biobauern verlangen sogar noch höhere Subventionen, was die Situation nicht verbessert. Denn bezahlen muss immer einer, entweder der Verbraucher direkt oder als Steuerzahler (dann allerdings die vermögendere Mittel- und Oberschicht).

Halb so viel Fleisch bei doppeltem Preis und weniger, aber teurere Milchprodukte, das wäre die Lösung auf Seiten der tierischen Produktion. Damit könnten die Landwirte leben und die Verbraucher würden das Fleisch als wertvolleres Gut schätzen lernen. Die aus der Produktion des Futters frei werdenden Flächen könnten überwiegend für die Produktion pflanzlicher Lebensmittel eingesetzt werden und damit die geringeren Erträge der Bio-Bauern ausgleichen. Bei teilweise konventioneller Erzeugung – vielleicht gibt es einen vernünftigen Mittelweg – könnten auch die Preise akzeptabel sein.

Aber wie soll das alles vollzogen werden? Per Dekret der Europäischen Union oder weltweit? Durch Steuern für tierische Produkte? Oder durch Aufklärung (grob gesagt Umerziehung)? Letzteres dauert Jahrzehnte – haben wir so viel Zeit? Der weltweite Trend, v. a. in China und Indien, geht in eine andere Richtung. Dort drängt alles zum Fleisch und bei den Massen dort wird unser Verzicht zur Quantité négligeable.

Dass wir uns nicht falsch verstehen: Ich bin durchaus für eine Reduktion v. a. des Fleischverzehrs bei Steigerung der Qualität und einer Verbesserung der Produktionsbedingungen. Dies ist ja auch in Sinne der Ernährungs- und Gesundheitswissenschaft. Auch das gute Beispiel – gerade mit Blick auf den Fleischkonsum der Menschen in den Entwicklungs- und Schwellenländern – sollte ein Motiv für einen vernünftigen Umgang mit dem Fleischverzehr sein. Aber man sollte schon jetzt bekennen, dass dies teurer wird und auch die soziale Brisanz solcher Entwicklungen berücksichtigen.

Wie auch immer, suchen wir einen möglichen und gangbaren Weg.

Herzlichst

Ihr Helmut Erbersdobler

Das Editorial finden Sie auch in Ernährungs Umschau 02/14 auf Seite M65.

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