Interview mit Heiner BOEING, Potsdam
- 12.03.2013
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Herr Professor BOEING, für die präventiven Aspekte einer gemüse- und obstreichen Ernährung zur Prävention von Bluthochdruck, Schlaganfall bzw. Herz-Kreislauf-Krankheiten gibt es mittlerweile überzeugende Evidenz. Anders sieht es im Bereich der Tumorprävention aus: In Kapitel 5 des aktuellen Ernährungsberichts 2012 sind in 16 Einzeltabellen die Evidenzgrade der Risikobeziehung zwischen dem Verzehr einzelner Lebensmittelgruppen und malignen Tumoren definierter Organe/Organsysteme den Bewertungen der Ernährungsberichte 2004 und 2008 gegenübergestellt.
Für sieben untersuchte Zusammenhänge hat sich die Evidenzbewertung nicht verändert oder leicht abgeschwächt und bei den neun Tabellen, die eine Zunahme der Härtegrade zeigen (meist von „unzureichende Evidenz“ auf „möglich“), wurde in sechs Gruppen die Aussage von „vermindertes Risiko bei steigendem Konsum“ auf „keine Risikobeziehung mit verändertem Konsum“ revidiert. Der Härtegrad „überzeugende Evidenz“ wurde für keinen der untersuchten Zusammenhänge vergeben.
Führt speziell in der Ernährungsforschung der evidenzbasierte Ansatz zu zwar immer besser belegten, zugleich aber oft in der Verbraucherwahrnehmung schwächeren Empfehlungen?
BOEING: Die Bewertung von Zusammenhängen mittels der Härtegrade der Evidenz stellt für die Wissenschaftler im Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) die aus fachlicher Sicht sinnvolle Vorgehensweise dar. Mit der Bewertung von Zusammenhängen nach Evidenzkriterien wird langfristig eine fundierte Grundlage geschaffen, mit der die Auswirkungen der Ernährung auf das Krankheitsgeschehen beschrieben werden können. Dieses Wissen kann auch aktiv eingesetzt und Teil eines staatlich gestützten Präventionsprogramms werden.
Es wäre aber der Sache nicht dienlich, Prävention auf Annahmen und nicht geprüften Analogien aufzubauen. Wenn es die Wahrnehmung des Verbrauchers geben sollte, dass Teile der Ernährungsempfehlungen zur Prävention nur mit „wahrscheinlich“ oder sogar niedrigeren Härtegraden belegt sind, entspricht diese Wahrnehmung den Tatsachen. Dabei sollte bedacht werden, dass auch andere Aspekte wie die Sicherstellung der Nährstoffversorgung Grundlage der Ernährungsempfehlungen sind.
Auf dem Gebiet der Evidenzfindung im Bereich der Prävention in der Bevölkerung ist die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. ja der Vorreiter, auch für andere Gruppen, die sich der Prävention widmen. Vielleicht ist die Erwartung des Verbrauchers zu hoch, dass jede Nahrungsaufnahme präventionsrelevant ist oder in einem präventiven Zusammenhang steht. Grundsätzlich dient die Nahrungsaufnahme den Zielen „Deckung des Energiebedarfs“, „Deckung des Nährstoffbedarfs“ und „Prävention“.
Das vollständiger Interview finden Sie auch in Ernährungs Umschau 03/13 von Seite M126 bis M127.
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