Editorial 06/08: Ernährung und Kommunikation – wie kommen Botschaften an?
- 12.06.2008
- Print-Artikel
- Redaktion
Dipl. oec. troph.
Heike Recktenwald,
Chefredakteurin„Die Ernährung eines Menschen im Alltagsgeschehen steht in einem sehr komplexen und sich ständig wandelnden Handlungszusammenhang. Nicht nur praktische Faktoren wie Geschmack, Sättigung und Bezahlbarkeit des Essens stehen im Vordergrund der Ernährung, sondern auch gesellschaftliche Faktoren.“ So die Aussage des Beitrages von Frau Dr. HAYN auf S. 346 im Heft.
…Und wer kennt diese gesellschaftlichen Faktoren nicht. Zu Weihnachten gibt es in vielen deutschen Familien traditionell eine Weihnachtsgans oder einen Karpfen. Im Sommer wird gegrillt und es gibt Bratwurst oder ein Grillsteak .
Das Essen, und vor allem die Zubereitung traditioneller Gerichte, ist mit einem gewissen Procedere, mit einem bestimmten Lebensgefühl, bestimmten Bedürfnissen und Erfahrungen verbunden. „Essen“ ist also mehr als nur der mengenmäßig richtige Verzehr von Lebensmitteln.
Die Alltagsperspektiven und die Betrachtung der Ernährung mit all ihren Einflüssen haben sich in den letzten Jahren sehr verändert, z. B. durch Innovationen bei der Lebensmittelerzeugung und der Technisierung des Haushaltes. Auch die Rollen innerhalb der Familie wurden neu definiert. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich auch die Bedürfnisse der Menschen und entsprechend die Inhalte der Ernährungskommunikation gewandelt haben, die für die Ernährungsberatung relevant sind.
Die Ernährungsberatung ist heute ein fester Bestandteil medizinischer Therapien und Indikationen. Nach heutigen Standards ist es kaum vorstellbar, z. B. Menschen mit Diabetes ohne Ernährungsberatung aus dem Krankenhaus zu entlassen. Allerdings ist die Ernährungsberatung sowohl für Ratsuchende als auch für die Berater mit großen Herausforderungen verbunden, denn die Gefahr, dass der Erfolg des Beratungsgespräches und die erhofften Veränderungen im Ernährungsverhalten der Patienten ausbleiben, ist leider sehr hoch.
Die Botschaften, die in einem Beratungsgespräch vermittelt werden, sind meistens rationaler Art: „ Essen Sie Käse mit 30 % Fett, mageren Schinken oder einen fettarmen vegetarischen Aufstrich auf Ihrem Brot“. Der Mensch entscheidet allerdings eher emotional und auf Basis der Geschmackserfahrung und die heißt: „Mir schmeckt ein Brie mit 50 % Fett oder eine Fleischwurst“.
Wie soll also Fachwissen patientengerecht vermittelt werden? Wie kommt es zur Einsicht? Das Special dieser Ausgabe beschäftigt sich mit der Psychologie eines Beratungsgespräches und hält Tipps und Anregungen für Ernährungsberater bereit. Lesen Sie hierzu mehr auf S. 354.
Der Erfolg eines Beratungsgespräches ist nicht nur für einen Patienten wichtig, sondern auch für Sie als Ernährungsberater, denn aus Erfolgserlebnissen schöpfen Sie Motivation und Freude. Motivation, die Sie weiter in Ihrer Arbeit voran gehen lässt!
Ich wünsche Ihnen nicht nur den ganzen Erfolg, sondern auch die ganze Kraft für diesen Weg!
Ihre
Heike Recktenwald