Editorial 10/11: Das Faktotum der schönen neuen Welt?

Prof.Dr.Helmut Erbersdobler
HerausgeberMan wird wirklich an die berühmte Arie des Figaro, des allwissenden Helfers in der Oper von Rossini erinnert: Figaro da, Figaro dort – Apps da, Apps dort. Über die Potenzen der Apps , auch auf dem Gebiet der Ernährung, informierten wir Sie bereits in Heft 12/2010, nun aus anderer Perspektive in der vorliegenden Ausgabe (Seite 548 ff.), und weitere Beiträge werden folgen.

Alle zeigen, dass Apps tatsächlich allgegenwärtige und (fast) allwissende Helfer sein können. Außerdem verleiten sie auch Nutzer, sich über Ernährungsfragen zu informieren, die das auf die altbewährte Art nicht gemacht hätten. Dies gilt besonders für Männer. Auf der anderen Seite sollte man die Massenwirkung dieses Instruments auch nicht überschätzen. Um die Neugierde und den Spieltrieb der Benutzer konkurrieren unzählige Angebote aus weiten Bereichen des täglichen Lebens. Was dabei für die Ernährung übrig bleibt, wird man sehen.

Wie bereits einmal betont (s. EU 12/ 2010), besteht auch die Gefahr, dass das Instrument der Apps aus wirtschaftlichen oder weltanschaulichen Gründen missbraucht wird. Gerade im Ernährungsbereich gibt es diesbezüglich vielfältige Strömungen. Damit sind der bewussten und unbewussten Fehlinformation, ja Manipulation, Tür und Tor geöffnet. Kompetente Einrichtungen, wie z. B. die DGE, werden daher über kurz oder lang aktiv werden müssen, um Empfehlungen für die Auswahl der Daten und die Anwendung der Apps zu erstellen.

Zur Qualität der Apps gehören auch geeignete Tabellenwerte mit Nährwertdaten – immer noch ein heikles Thema im Lande –, außerdem verlässliche Referenzwerte und weitere, möglichst evidenzbasierte Daten. Gerade bei den Tabellenwerten muss man sich der teils erheblichen Streuung der Daten bewusst sein, und häufig fehlt es an der richtigen Zuordnung. Die Referenzwerte sind zumeist nicht für einzelne Personen gültig oder müssen auf individueller Ebene mit Vorbehalt eingesetzt werden. Bei zu großem Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Daten ergibt sich leicht eine Scheingenauigkeit, die gefährlich sein kann.

Das alles setzt eine gewisse Qualifikation der Nutzer voraus, die nicht so einfach zu erreichen ist und die häufig eine Beratung durch eine Ernährungsfachkraft nötig macht. Lassen Sie uns hoffen, dass wir nach der kontrollierten Etablierung der Apps im Ernährungsbereich analog zur Figaro-Arie ausrufen können „Hey, bravo Figaro, bravo bravissimo“!

Mit herzlichem Gruß

Ihr Helmut Erbersdobler

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