Mangelernährung: nutritionDay – Ein Projekt zur Bekämpfung von Mangelernährung in Krankenhäusern und Pflegeheimen
- 12.10.2015
- Print-Artikel
- Sigrid Kosak
- Karin Schindler
- Mohamed Mouhieddine
- Michael Hiesmayr
- Michael Themessl-Huber
- Christian Schuh
Hintergrund
Mangelernährung in Gesundheitseinrichtungen ist ein unterschätztes Problem. In zahlreichen Studien wird auf die Wichtigkeit einer adäquaten Ernährung in Krankenhäusern und Pflegeheimen hingewiesen, da diese mit positiven Konsequenzen für Betroffene und das Gesundheitssystem assoziiert ist. Eine gute ernährungsmedizinische Betreuung kann den Genesungsprozess und die Pflegebedürftigkeit positiv beeinflussen sowie zu verbesserter Lebensqualität, kürzeren Krankenhausaufenthalten und geringeren Komplikationsraten bei Operationen beitragen. Kosten für das Gesundheitssystem reduzieren sich1. ESPEN (European Society for Clinical Nutrition and Metabolism) initiierte ein Projekt namens nutritionDay, um detaillierteres Wissen und größere Aufmerksamkeit für das Thema zu erreichen.
Das Projekt nutritionDay
nutritionDay ist eine eintägige Querschnitterhebung, die weltweit für Krankenhausabteilungen, Intensivstationen und Pflegeheime angeboten wird. Das Projekt bietet Institutionen die Möglichkeit, die Ernährungssituation ihrer Patienten/Bewohner zu evaluieren. Damit können das Bewusstsein für Mangelernährung erhöht und die Versorgung verbessert werden. Die Durchführung von nutritionDay findet auf Stationsebene, mit jeweils angepassten Fragebögen, statt. Die teilnehmenden Stationen bekommen nach Beantwortung der Fragebögen (Patienten/-innen, Medizinisches, Strukturelles) ein strukturiertes Feedback über ihre Ernährungsversorgung im nationalen und internationalen Vergleich.
Antworten von nutritonDay
nutritionDay untersucht Mangelernährung anhand von fünf Parametern: „ungewollter Gewichtsverlust in den letzten drei Monaten“, „Nahrungsaufnahme in der Vorwoche“, „Nahrungsaufnahme am nutritionDay“, „Nahrungsaufnahme nicht erlaubt“ und „BMI < 18,5 kg/m²“. Seit 2006 sind Daten von über 5 500 Stationen und 180 000 Patienten/-innen aus insgesamt 60 Ländern erhoben worden. Die erfassten Daten der nutritionDay-Studie von 2006–2014 zeigen, dass 45 % der im Krankenhaus aufgenommenen Patienten/-innen einen ungewollten Gewichtsverlust in den letzten 3 Monaten angeben. 25 % haben über 9 kg Körpergewicht verloren.
Die Hälfte der Patienten/-innen gaben an, in der Woche vor dem nutritionDay „nicht normal“ gegessen zu haben. Über ein Viertel gab sogar an, ungenügend („weniger als die Hälfte“ oder „weniger als ein Viertel“ des Üblichen) gegessen zu haben. Häufigster Grund für die reduzierte Nahrungsaufnahme war bei über 50 % der Patienten Appetitverlust. Diese Zahlen lassen viele Fälle von Mangelernährung bei stationär aufgenommenen Patienten vermuten. Dennoch haben lediglich 8 % der Patienten einen BMI < 18,5 kg/m². Die alleinige Berücksichtigung des BMI zur Diagnose von Mangelernährung reicht daher nicht aus, um diese bei allen Patienten zu erkennen. Das Ausmaß des Problems würde damit stark unterschätzt werden.
Welche Ernährung bekommen Patienten/-innen im Krankenhaus?
Der Großteil der Patienten/-innen erhält Krankenhauskost oder eine für seine Krankheit geeignete Spezialdiät. Nur zirka 30 % der Patienten, die nicht essen, erhalten künstliche Ernährung. Besonders die Gruppe, die angibt nur 25 % zu essen, wird häufig übersehen.
Nutzen von nutritionDay
nutritionDay ist zu einem erprobten Messinstrument der Ernährungssituation von Patienten in Krankenhäusern, Intensivstationen und Pflegeheimen geworden. Eine Wiederholung der Befragung in Folgejahren kann langfristig einen Verbesserungsprozess dokumentieren, der Patienten/Bewohnern zu schnellerer Genesung und mehr Lebensqualität verhelfen kann.
Der diesjährige nutritionDay findet am 19. November 2015 statt. Für mehr Informationen besuchen Sie die Website -> www.nutritionday.org oder kontaktieren Sie uns gerne unter office@nutritionday.org oder Tel: 0043/ 680 55 24 917.
1 Zum Thema „Mangelernährung im Krankenhaus“ lesen Sie auch das Special + Online Fortbildung in Heft 7/2015 ab S. M404 und S. M416.
Den vollständigen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 10/15 auf Seite M564.