Editorial 12/05: Die beste Kartoffelsuppe...
- 12.12.2005
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Prof.Dr.Helmut Erbersdobler
der Republik mache sie, erwähnte Bundeskanzlerin Angela Merkel kürzlich, und wir wollen es ihr glauben. Die Gegend, aus der sie kommt, ist ja auch „kartoffelträchtig“ und liefert Knollen hoher Qualität. Da man Kartoffelsuppe, wenn sie denn nicht durch allzu viel Sahne, Speckwürfel etc. „verfeinert“ wurde, eher in die Rubrik „gesundes Essen“ einordnen kann, möchte man das gerne als Omen für die Ernährungspolitik der neuen Bundesregierung ansehen.
Weitere Hinweise ergeben sich aus dem Koalitionsvertrag, der seit dem 11. November vorliegt, und der Regierungserklärung vom 30. November. In Letzterer sind die Aussagen zu Gesundheit und Ernährung naturgemäß nur knapp und eher schwammig. Immerhin wird versprochen, dass bis 2010 die Ausgaben für Forschung und Entwicklung drei Prozent des Bruttoinlandprodukts erreichen werden. „Insgesamt sechs Milliarden Euro geben wir für die Nano-, Bio- und Informationstechnologien“. Man will weiterhin die „Rahmenbedingungen vor allem für die innovativen Branchen der deutschen Wirtschaft überarbeiten, so zum Beispiel in der Chemikalienpolitik und der Grünen Gentechnik“. Außerdem wird ein „gutes Miteinander“ von moderner Landwirtschaft und Verbraucherschutz beschworen. „Hier gilt aber auch ein Motto: Null Toleranz gegenüber denen, die das Vertrauen der Verbraucher mit Füßen treten“.
Im Koalitionsvertrag wird u. a. betont, dass man die „Hochschulen international wettbewerbsfähig machen“ will. Bei den Spitzentechnologien ist erneut die Bio- und Gentechnologie genannt, ferner die Umwelttechnik. Die Grüne Gentechnik will man grundsätzlich „verantwortlich nutzen“. „Die EU-Freisetzungsrichtlinie wird zeitnah umgesetzt und das Gentechnikrecht novelliert. Die Regelungen sollen so ausgestaltet werden, dass sie Forschung und Anwendung in Deutschland befördern. Die Wahlfreiheit der Landwirte und Verbraucher und die Koexistenz der unterschiedlichen Bewirtschaftungsformen müssen gewährleistet bleiben“. Für Schäden, die trotz Einhaltung aller Vorsorgepflichten und der Grundsätze guter fachlicher Praxis eintreten, sollen Ausgleichsfonds bzw. langfristig eine Versicherungslösung angestrebt werden.
Das System der so genannten Ressortforschung, zu der ja auch die Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel gehört, soll auf Grund der Empfehlungen, die der Wissenschaftsrat 2006 abgibt, weiterentwickelt und verbessert werden. Zur Verbraucherpolitik wird auf das geplante Verbraucherinformationsgesetz hingewiesen und die „zentrale Bedeutung“ der unabhängigen Verbraucherberatung betont.
Bezüglich europäischer Entscheidungsprozesse wird u. a. der Verordnungsentwurf über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben zu Lebensmitteln erwähnt. Das Thema „Gesunde Ernährung und Bewegung“ nimmt ein eigenes Unterkapitel ein. Es wird dabei auf Übergewicht, Fehl- und Mangelernährung verwiesen und u. a. die „Verantwortung der Wirtschaft gegenüber Kindern und Jugendlichen in der Werbung“ betont. Die Plattform für Ernährung und Bewegung wird weiter unterstützt, ebenso das Programm „Initiative Gesunde Schulverpflegung“.
Das Fazit: Der Tenor der manchmal schwammigen Aussagen geht in unserem Bereich der nutritiven Gesundheitsvorsorge eher in Richtung „weiter so“. Anhand eingeschobener konkreterer Aussagen und zwischen den Zeilen kann man aber doch die Absicht erahnen, vieles im Detail verändern zu wollen. Sicherlich wird dies von der Leitung des jeweiligen Ministeriums abhängen.
Insgesamt können wir hoffen, dass Bereiche, die bisher schon bearbeitet wurden, weitgehend erhalten bleiben und Themen, die bisher eher vernachlässigt wurden, wie viele innovative Entwicklungen, positiv voran getrieben werden. An den immer wieder betonten Bürokratieabbau glaube ich zumindest für das Gebiet der Landwirtschaft und Ernährung nicht so recht. Da steht Brüssel davor! Nach den Zeiten des Pfälzer Saumagens und der Currywurst betreten wir nun das Reich der Kartoffelsuppe. Das klingt von der Energie- und Nährstoffdichte her zunächst einmal nicht schlecht und spannend. Hoffentlich hält dieses Symbol, was es verspricht.
In diesem Sinne ein frohes Fest, das ausnahmsweise frei von Kartoffelsuppe sein darf, und ein gutes, gesundes und glückliches Neues Jahr.
Ihr
Helmut Erbersdobler