Ernährungsunsicherheit während der COVID-19-Pandemie unter Tafel-Kund* innen

  • 13.11.2024
  • Print-Artikel
  • Anja Simmet
  • Andreas Bschaden
  • Jasmin Ketel
  • Nanette Ströbele-Benschop

Peer-Review-Verfahren / Manuskript (Original) eingereicht: 19.01.2024; Überarbeitung angenommen: 02.04.2024

Einleitung

Vor Beginn der COVID-19-Pandemie im Jahr 2019 besuchten geschätzt bis zu 1,65 Mio. Menschen bundesweit insgesamt 956 Tafeln [1]. Trotz der hohen Anzahl waren Tafel-Kund*innen bisher vergleichsweise selten an gesundheits- oder ernährungswissenschaftlichen Untersuchungen beteiligt. Die wenigen früheren Studien beschreiben Tafel-Kund*innen als eine hinsichtlich ihres Bildungsstands heterogene Gruppe, der ein niedriges Einkommen und mehrheitlich der Bezug von Sozialleistungen gemeinsam ist [2–4]. Eine Studie aus dem Jahr 2015 mit über 1000 Tafel-Kund*innen in drei Städten (Berlin, Stuttgart, Karlsruhe) berichtete, dass über 35 % der Befragten in den vorangegangenen 12 Monaten von moderater oder starker Ernährungsunsicherheit betroffen waren [2].

Unter Ernährungsunsicherheit wird der zumindest zeitweilige durch Geldmangel limitierte Zugang zu adäquaten, d. h. ausreichend nahrhaften, sicheren und kulturell akzeptierten Lebensmitteln verstanden [5]. Charakteristisch für ernährungsunsichere Menschen ist die Einschränkung der Lebensmittelvielfalt auf günstige, sättigende Produkte verbunden mit der Sorge, am Ende des Einkommensmonats nicht mehr ausreichend Geld für Lebensmittel zu haben. Verschärft sich die Situation weiter, können eine Einschränkung der Lebensmittelmenge oder gar Hunger eintreten [6, 7]. Nicht zuletzt aufgrund der in anderen Hocheinkommensländern aufgezeigten Zusammenhänge der Ernährungsunsicherheit mit der Ernährungsqualität [8, 9] und der physischen sowie insbesondere der psychischen Gesundheit von Kindern und Erwachsenen [10, 11] hat das Thema der Ernährungsunsicherheit in den letzten Jahren auch in Deutschland größere politische und wissenschaftliche Aufmerksamkeit erfahren. So ist der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (WBAE) in seiner Stellungnahme „Ernährungsarmut unter Pandemiebedingungen“ unter anderem der Frage nachgegangen, welche Folgen die durch den Lockdown bedingte Schließung der Tafeln für von Ernährungsunsicherheit gefährdete Bevölkerungsgruppen haben könnte [12]. ...

Abstract

Die Studie untersuchte, in welchem Ausmaß Tafel-Kund*innen während der COVID-19-Pandemie von Ernährungsunsicherheit betroffen waren, wie sie ihren Zugang zu Lebensmitteln realisierten, in welchem Ausmaß sie soziale Unterstützung erfuhren und welche Zusammenhänge die beiden letztgenannten Aspekte mit der Ernährungsunsicherheit zeigen. Dafür wurde 2020 und 2021 eine schriftliche bzw. mündliche Befragung unter insgesamt 985 Tafel-Kund*innen durchgeführt. Die Daten wurden deskriptiv beschrieben und stratifiziert für 2020 und 2021 regressionsanalytisch untersucht. Die Ergebnisse zeigen eine hohe Prävalenz der niedrigen sozialen Unterstützung und der Ernährungsunsicherheit unter den Befragten. Die meisten Kund*innen erhielten länger als ein Jahr mindestens dreimal pro Monat Lebensmittel von der Tafel. Zu den mit Ernährungsunsicherheit zusammenhängenden Aspekten zählte u. a. der Familienstatus, die soziale Unterstützung und die relative Menge der von der Tafel erhaltenen Lebensmittel. Der Beitrag schließt mit aus den Ergebnissen abgeleiteten Handlungsempfehlungen.



Den vollständigen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 11/2024 auf den Seiten M626 bis M633.

PDF Artikel Download für Abonnenten:

Das könnte Sie interessieren
Schmuddelwetter weiter
Ernährung bei fortschreitender und chronischer Nierenkrankheit weiter
Erfolgreiches Pilotprojekt: Career Talk von E bis Oe – Dein Weg ins Berufsleben weiter
100 Jahre Diätetik im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) weiter
15. DGE-Ernährungsbericht mit Trendanalysen und Handlungsempfehlungen für die Ernährungs-... weiter
Ernährung bei Säuglingen, Kindern und Jugendlichen mit cholestatischen Lebererkrankungen weiter