Analyse der Makronährstoffzusammensetzung von Binge-Eating-Episoden in einer nicht-klinischen normalgewichtigen Stichprobe

  • 14.01.2021
  • Print-Artikel
  • Romina Müller
  • Friederike Barthels
  • Frank Meyer
  • Reinhard Pietrowsky

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Peer-Review-Verfahren / Manuskript (Original) eingereicht: 12.05.2020/  Überarbeitung angenommen: 14.09.2020

Einleitung

Atypische Essgewohnheiten, insbesondere stressbedingtes Essen, sind auch in der Normalbevölkerung häufiger geworden. Die Lebenszeitprävalenzraten von Menschen, die an einer Binge-Eating-Störung (BES) leiden, sind den Kriterien des DSM-5 zufolge stark gestiegen (2,9 % bei Frauen; 3,0 % bei Männern [1]). Binge-Eating ist in erster Linie durch häufige Binge-Eating-Episoden gekennzeichnet, die definiert sind als „(...) das Essen einer Nahrungsmenge in einem bestimmten Zeitraum, die grösser ist als die Menge, die die meisten Menschen in einem ähnlichen Zeitraum unter ähnlichen Umständen zu sich nehmen würden (...)“ sowie „(...) ein Gefühl der fehlenden Kontrolle über das Essen während der Episode“ [2]. Obwohl atypisches Essverhalten das Kernsymptom der Erkrankung ist, gibt es nur wenige Studien zur Qualität, Quantität und v. a. zur Makronährstoffzusammensetzung von Binge-Episoden.

Im Gegensatz zur Bulimia nervosa gibt es nur wenige und vorwiegend Laborstudien, die sich auf den Nahrungsmittelkonsum während einer Binge-Episode im Rahmen der BES konzentrieren. Fitzgibbon und Blackman [3] verglichen die Zusammensetzung von Essanfällen von Binge-Eatern mit der von BulimikerInnen. Sie fanden einen höheren Konsum von Snacks und Desserts bei Personen mit BES sowie eine höhere Fettaufnahme, einen geringeren Konsum von Protein und eine vergleichbare Aufnahme von Kohlenhydraten.

Abstract

Ziel: In einer Stichprobe normalgewichtiger Personen mit Binge-Eating-Verhalten wurde die Zusammensetzung der Hauptnährstoffe von Essanfällen untersucht. Zusätzlich wurden die allgemeine Nahrungsaufnahme sowie psychopathologische Aspekte im Vergleich zu einer normalgewichtigen Stichprobe ohne Binge-Eating analysiert. Methodik: 17 Teilnehmende mit einer subklinischen Binge-Eating-Störung (BES; Binge-Gruppe, BG) und 19 Teilnehmende ohne Binge-Eating (Kontrollgruppe, KG) berichteten sieben Tage lang ihr Essverhalten, einschließlich aller Binge-Eating-Episoden. Die BG zeichnete darüber hinaus alle stattgefundenen Binge-Episoden in den darauf folgenden zwei Monaten auf. Ergebnisse: Beide Gruppen konsumierten die gleiche Menge Energie pro Tag (2 220 vs. 2 230 kcal). Insgesamt nahm die BG im Vergleich zur KG die gleichen Mengen von Fett (35 % vs. 34 %), Kohlenhydraten (48 % vs. 48 %) und Proteinen (16 % vs. 17 %) zu sich. Die Makronährstoffzusammensetzung der Binge-Episoden war durch eine hohe Aufnahme von Fett (45 %) und Kohlenhydraten (44 %) und eine geringere Aufnahme von Proteinen (10 %) gekennzeichnet. Die Teilnehmenden der BG hatten ein signifikant höheres pathologisches Essverhalten, waren depressiver und fühlten sich weniger vital als die Kontrollgruppe. Diskussion: Insgesamt stimmt die Zusammensetzung der Makronährstoffe der Essanfälle bei normalgewichtigen Personen mit einer subklinischen BES mit der Makronährstoffzusammensetzung der Essanfälle bei bulimischen und übergewichtigen Personen mit BES überein. Daher scheinen die Binge-assoziierten klinischen Symptome in diesen Patientengruppen durch andere Faktoren als die Makronährstoffzusammensetzung eines Essanfalls verursacht zu werden. Eine Rolle spielen könnten psychologische Determinanten sowie Unterschiede im Stoffwechsel und in Hormonspiegeln.

Schlüsselwörter: Binge-Eating-Störung, Makronährstoffe, Normalgewicht, Essanfall, Essstörung



Peer reviewed
/ Manuscript (original contribution) received: May 12, 2020 / Revision accepted: September 14, 2020

Analysis of macronutrient composition of binge-eating episodes in a non-clinical normal weight sample

Abstract

Purpose: In a sample of normal weight persons with binge eating behavior this study assessed the macronutrient composition of binges and additionally investigated food intake and psychopathological aspects compared to a sample of non-bingeing normal weight controls.
Method: 17 participants with a subclinical binge eating disorder (BED; binge group, BG), and 19 non-bingeing participants (control group, CG) recorded their eating behavior for seven days, including any binge eating episodes. The BG additionally recorded their binge episodes for subsequently another two months.
Results:
Both groups consumed an equal amount of energy per day (2220 vs. 2230 kcal). Overall eating behavior of BG contained equal amounts of fat (35% vs. 34%), carbohydrates (48% vs. 48%) and proteins (16% vs. 17%) when compared to the CG. Macronutrient composition of binge episodes was characterized by a high intake of fat (45%) and carbohydrates (44%) and less proteins (10%). Participants of the BG had a significantly higher pathological eating behavior, were more depressed and felt less vital than the controls.
Conclusions:
Overall, macronutrient composition of binges in normal weight subjects with subclinical BED is in line with the macronutrient composition of binges displayed by bulimic and overweight BED individuals. Therefore, the binge-associated clinical symptoms in these patient groups seem to be caused by factors other than binge composition, which might be psychological determinants as well as differences in metabolism and hormone levels.

Keywords: binge eating disorder, macronutrients, normal weight, binge quality, eating disorder

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Den vollständigen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 1/2021 von Seite M30 bis M37.

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