Editorial 02/10: Essen Reiche gesünder?
- 14.02.2010
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- Redaktion
Dipl. oec. troph.
Heike Recktenwald,
Chefredakteurin
Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und der soziale Status stehen in engem Zusammenhang mit dem Ernährungsverhalten der Menschen in Deutschland. Die Konsequenzen einer ungünstigen Ernährungsweise sind uns als Experten sehr bewusst: Übergewicht und als Folge leider eine Fülle von Stoffwechselerkrankungen.
Doch lässt sich die These halten: „Arme“ Menschen, ungünstige Ernährungsweise – „reiche“ Menschen, gesündere Ernährungsweise? Dieser Frage gehen wir in dieser Ausgabe nach. Die Fachliteratur bestätigt die Existenz sozialer Ungleichheit im Ernährungsverhalten und dokumentiert den Einfluss von Bildung, Einkommen und Beruf. Sozioökonomische und strukturelle Benachteiligung von Menschen sowie ungünstige Faktoren aus der psychosozialen oder soziokulturellen Umwelt beeinflussen die Ernährungsgewohnheiten und das Bewegungsverhalten nachteilig. Übergewicht wird dann oft zum Problem.
Das umfassende Verständnis des Zustandekommens von ungleicher Ernährungsqualität in den unterschiedlichen sozialen Schichten erfordert allerdings die Berücksichtigung diverser Einflussfaktoren, die wir im Beitrag ab Seite 84 aufgreifen. In epidemiologischen Untersuchungen werden Lebensstilvariablen und ihr Zusammenhang zur Prävalenz oder Inzidenz von Übergewicht leider bisher nur inkonsistent und schwach dargestellt. Ihre Berücksichtigung ist jedoch dringend erforderlich, denn in Deutschland sind zurzeit leider schon 15 % der Kinder und Jugendlichen und mehr als 50 % der Erwachsenen übergewichtig.
In den verschiedenen Sozialgruppen ist die Prävalenz von Übergewicht unterschiedlich. Der inverse soziale Gradient für Übergewicht: Je niedriger der soziale Status, desto höher ist die Prävalenz des Übergewichts, trifft leider zu. Dies liegt vor allem daran, dass mit abnehmendem Sozialstatus auch gleichzeitig die Qualität der Ernährung abnimmt. Lesen Sie mehr im Beitrag ab Seite 78.
Der Umkehrschluss gilt ebenso – und diese Erkenntnis macht sehr betroffen: Ausreichende finanzielle Ressourcen, gute Bildung, guter sozialer Status = Einkauf von relativ teuren, frischen Lebensmitteln, von Produkten mit geringerer Energiedichte und einem niedrigeren Fettanteil, geringerer Verzehr von zuckerhaltigen Speisen und Getränken, geringeres Körpergewicht, mehr Zufriedenheit und Lebensqualität … – Glücklich also, wer sich zu den Bessergestellten zählen darf!
Die Lösung des Problems kann bei diesen Zukunftsaussichten aus meiner Sicht nur mit einem ganzheitlichen Ansatz erfolgen und erfordert ein Umdenken und die Zusammenarbeit der Verantwortlichen in Politik, Gesundheits-, Verbraucherschutz und Lebensmittelherstellung. Jeder noch so kleine Schritt und ein aufeinander Zugehen wird uns hier sicherlich weiterhelfen, denn der Handlungsbedarf zur Prävention von Übergewicht wird immer dringlicher. Nur gemeinsam und mit einem „großzügigen“ Budget kann es gehen, wenn wir wirklich etwas erreichen wollen. Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre,
Ihre
Heike Recktenwald