Neurophysiologie: Essen aus Stress - Nervensystem spielt wichtige Rolle

Menschen, die bei Stress mehr essen als sonst, werden auch als „Stressesser“ bezeichnet. Forscher vom US-amerikanischen Western Human Nutrition Research Center des Agricultural Research Service (ARS) haben aktuell die Neurophysiologie des Stressessens untersucht: Mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) konnten sie abbilden, welche Signalwege im Gehirn durch den Anblick kalorienreicher Lebensmittel aktiviert werden [1].

Einige Stressesser essen unbewusst mehr, andere wollen sich durch den Verzehr hochkalorischer Lebensmittel bewusst Trost verschaffen oder sich belohnen. In einer Untersuchung wurde bei 30 gesunden Frauen im Alter zwischen 20 und 53 Jahren anhand des Wheaton Chronic Stress Survey eingeschätzt, wie viel chronischen Stress sie im Alltag durch Arbeit, finanzielle Situation und soziale Beziehungen haben. Anschließend wurden mittels fMRT Gehirnscans der Probandinnen durchgeführt. Währenddessen sahen die Studienteilnehmerinnen 500 verschiedene Bilder, darunter 200 Fotos von hochkalorischen Lebensmitteln wie Kuchen oder Schokoriegeln, 200 Bilder von als gesünder eingestuften Lebensmitteln, etwa von Salat oder frischem Spargel, und 100 Fotos von Alltagsgegenständen (u. a. Münzen oder Handy). Die Forscher konnten anhand der fMRT-Aufnahmen zeigen, dass sich einige Muster in den Gehirnen von Studienteilnehmern unter hoher chronischer Stressbelastung erheblich von den Probanden mit geringer chronischer Stressbelastung unterschieden. Wenn Studienteilnehmerinnen mit hoher chronischer Stressbelastung Bilder von hochkalorischen Lebensmitteln sahen, war bspw. der präfrontale Kortex, eine Gehirnregion, die mit Selbstkontrolle und strategischer Entscheidungsfindung zusammenhängt, annähernd „ausgeschaltet“. Gleichzeitig fand sich eine erhöhte Aktivität in der Amygdala, die mit Emotionen assoziiert wird – nicht so bei Studienteilnehmerinnen mit geringem chronischem Stress.

Die Studienergebnisse legen nahe, dass eine hohe chronische Stressbelastung zu einer erhöhten Kalorienaufnahme führen kann. Betroffene Personen wären demnach auch gefährdet, langfristig an Gewicht zuzunehmen.


Literatur: 1. United States Department of Agriculture. Agricultural Research Service (2014) Your brain and comfort foods. Neuroimages capture effects. Agricultural Research 62: 17

Diesen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 04/15 auf Seite M200.

Das könnte Sie interessieren
Rosige Zeiten weiter
Neatic: Ein gewichtsneutrales Programm mit drei einfachen Grundsätzen weiter
Nutzen Sie die VDOE-Seminare für Ihre berufliche Weiterbildung weiter
VDD-Fortbildungszertifikat verbleibt beim VDD weiter
Neue Förderbekanntmachung: Ernährungsarmut in Deutschland weiter
© pilipphoto/iStock/Getty Images Plus
Pflanzliche Speisefette und -öle, Teil 7 weiter