Zu guter Letzt 07/2016: Im Fußballfieber
- 14.07.2016
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- Helmut Heseker
Jetzt rollte er wieder, der Ball, und lockte Millionen sportbegeisterte Fußballfans in die Stadien, Public-Viewing-Zonen und vor die heimischen, mitunter neuen XXL-Flachbildschirme. Nicht selten wurden vorher noch schnell die kleineren oder in die Jahre gekommenen Vorgängermodelle ins Kinderzimmer zur Beibehaltung des Familienfriedens entsorgt – für die Unterhaltung und Bildung des quengelnden Nachwuchses und sehr zum Leidwesen der um eine Adipositasprävention Bemühten.
Nicht nur die Unterhaltungsindustrien brauchen offenbar regelmäßig Mega-Events wie Fußball-Europa- oder -Weltmeisterschaften um kräftige Kaufimpulse zu setzen und endlich wieder die Aktienkurve vom Bären- in den Bullenmarkt zu kriegen, sondern offenbar auch die „Kraftprotze“ der Lebensmittelbranche. Allen voran haben Coca-Cola und McDonald’s mit FIFA und UEFA langjährige Sponsorenverträge abgeschlossen und dies voller Stolz der Öffentlichkeit mitgeteilt. Wo sind sonst im Jahr so einfach so viele potenzielle Kunden aus allen Bevölkerungsschichten mit guter (Kauf-) Laune wochenlang zu erreichen?
Daher haben Verbraucherinnen und Verbraucher während der EM aufgrund der allgegenwärtigen Werbung kaum eine Chance, glücklich strahlenden und braunen Sprudel schlürfenden oder Salat- strotzenden-Basic-Burger verputzenden, schlanken Menschen zu entgehen. Auch den vielen anderen Trittbrettfahrern wurde in den übertragenden Medien und auf den 240 m langen Rotationsbanden in den Fußballstadien wieder reichlich Zeit und Raum geboten, nationale und internationale Biere und Knabbereien, Energy Drinks und Süßigkeiten mit einem sportiven Touch an die Frau und den Mann zu bringen.
Kluge Anleger hatten in Erwartung steigender Umsätze schon Ende 2015 auf die beiden o. g. Lebensmittelgiganten gesetzt und wurden seitdem mit deutlich gestiegenen Aktienkursen belohnt. Schließlich brachten Fußball-EM- und WM-Jahre noch immer den gewünschten Umsatzerfolg – wo sind in Niedrigzinszeiten schon bombensichere Renditen zu erzielen? Wer diese Anlagechance verpasst hat, dem sei ein umfangreiches, 76-seitiges Dossier1 des Research Institutes der Credit Suisse AG zum Thema „Fat – The New Health Paradigma“ empfohlen, in dem für diverse fettreiche Lebensmittel (main winners: eggs, milk, dairy products [cheese, yoghurt and butter] and nuts) gute Wachstumstrends gesehen werden, während kohlenhydratreiche Lebensmittel zu zukünftigen „Losern“ erklärt werden. (Der Autor übernimmt keine Gewähr für eventuelle Fehlinvestitionen, wenn die Bank sich doch geirrt haben sollte.)
Irritierend ist sie schon, diese ungenierte und unsensible, enge Liaison zwischen Sport und den besonders kalorienreichen Lebensmitteln, wo sich der Sport doch sonst gern äußerst gesundheitsbewusst gibt.
Nichtsdestotrotz: Ich will Ihnen den Spaß am Fußball nicht verderben. Wie es auch immer ausgeht: Nach der EM ist bekanntlich vor der WM und schöne Tore lassen uns schnell die dunklen Seiten des Sportbusiness vergessen.
Ihr Helmut Heseker
Den Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 07/16 auf Seite M436.
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