Scharf

Mithilfe der fünf Geschmacksrichtungen können Menschen Lebensmittel in potenziell nützlich und nahrhaft (süß, salzig, umami) und in eher schädlich oder giftig (sauer, bitter) unterscheiden. Die verantwortlichen Geschmackstoffe werden von den sog. Geschmacksknospen wahrgenommen. Der Sinneseindruck scharf – wissenschaftlich gesehen somit gar kein Geschmack – wird hingegen durch andere biochemische Wege vermittelt. Die dafür verantwortlichen verschiedenen Scharfstoffe, z. B. Carbonsäureamide (Capsaicin, Piperin), Gingerole oder Senf- und Lauchöle, lösen keine Geschmacks- sondern eine Schmerzwahrnehmung aus [1–3]. Warum scharfe Gerichte trotzdem gerne verzehrt werden, welche Lebensmittel welche scharfen Stoffe enthalten, die Physiologie hinter diesem „Sinn“ sowie potenzielle gesundheitliche Effekte und Anwendungsgebiete von Scharfstoffen sind Gegenstand dieses Artikels.

Geschichte

Die Geschichte des Gewürzhandels geht zurück bis ca. 3000 v. Chr., wobei die Verwendung von Pfeffer in Indien auf ca. 1000 v. Chr. datiert wird. Vor 3 000 Jahren ist Pfeffer von der indischen Malabarküste nach Europa gelangt. Die Gewürzstraßen wurden stark verteidigt und Pfeffer nicht nur als Gewürz, sondern auch als Medizin gehandelt. Pfeffer war so wertvoll, dass er auch als Zahlungsmittel, Zoll oder Tribut verwendet wurde [4, 5]. Der Ausdruck „Pfeffersäcke“ bspw. stammt aus der Zeit, als Menschen mit dem Pfeffer- bzw. Gewürzhandel reich geworden sind [6]. Pfeffer war und ist mengenmäßig noch immer das wichtigste Gewürz. Auch Columbus sollte von seinen Seereisen Pfeffer und andere Gewürze mitbringen; stattdessen entdeckte er an der Nordküste des heutigen Haiti eine andere scharfe Pflanze, die er erst für Pfeffer hielt: Capsicum, oder Paprika bzw. Chili. Die Samen brachte er nach Europa. Paprika- bzw. Chilipflanzen wurden zunächst als Ziergewächse in den königlichen Gärten angebaut und bald auch als Gewürzpflanzen genutzt [3, 4, 7]. • Tabelle 1 zeigt exemplarisch die Anbauländer verschiedener scharfer Lebensmittel.

Sozio-kultureller Hintergrund

Die Tatsache, dass der Eindruck „scharf“ bzw. die geschmackliche Schärfe (engl. pungency) über Schmerzrezeptoren vermittelt wird, lässt die Frage aufkommen, aus welchem Grund Menschen scharfe Speisen zu sich nehmen. Außer Vögel – die keine Rezeptoren für bspw. Capsaicin haben und deswegen für die Verbreitung der Samen sorgen können – sind sie die einzigen Lebewesen, die freiwillig Chili(-produkte) oder andere sehr pikante Lebensmittel verzehren [13].



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 6/2020 von Seite M414 bis M425.

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