Omega-3-Fettsäuren und Hirnfunktion
- 14.10.2015
- Print-Artikel
- Martin Smollich
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Peer-Review-Verfahren | Eingegangen: 12.02.2015 | Akzeptiert: 11.06.2015
Einleitung
Nachdem die Omega-3-Fettsäuren (n3-FS) bislang v. a. wegen ihrer möglichen kardiovaskulären Wirkungen im Fokus der Aufmerksamkeit standen (siehe Beitrag ab Seite M596 in diesem Heft), rückt heute ihre mögliche Bedeutung für kognitive Funktionen und neurodegenerative Krankheitsbilder in den Fokus. Da die Prävalenz dieser Erkrankungen seit Jahren ansteigt, wird in Zukunft auch verstärkt die Rolle der Ernährung, und hier besonders der n3-FS in diesem Zusammenhang diskutiert werden. In diesem Übersichtsartikel wird der aktuelle Stand der Forschung dargestellt und erläutert, welche Entwicklungen sich abzeichnen.
Physiologische Bedeutung
Neuronale Entwicklung und Hirnstruktur
n3-FS sind essenzielle Bestandteile für den Aufbau, die Reifung und die physiologische Funktion neuronaler Strukturen [1] (• Abbildung 1). Bereits im dritten Trimenon der Schwangerschaft kommt es im Rahmen der neuronalen Entwicklung zur Akkumulation von Docosahexaensäure (DHA) im Gehirn des Ungeborenen, und dieser Prozess setzt sich innerhalb der ersten zwei Lebensjahre weiter fort [2, 3]. Die optimale neuronale Entwicklung ist hier entscheidend von der Zufuhr langkettiger, mehrfach ungesättigter Fettsäuren (LCPUFA) abhängig [1].
Zusammenfassung
Unstrittig ist die Bedeutung der Omega-3-Fettsäuren (n3-FS) für die Entwicklung, die Physiologie und vermutlich auch für die Durchblutung des menschlichen Gehirns. Die Studienlage zur protektiven Wirkung von n3-FS auf den altersbedingten kognitiven Leistungsverlust ist hingegen trotz positiver epidemiologischer Korrelationen nicht aussagekräftig; ein Vorteil hinsichtlich einer verbesserten kognitiven Leistungsfähigkeit oder einer reduzierten Demenzhäufigkeit ist nicht nachweisbar. Möglicherweise beruht dieser fehlende Nachweis jedoch nicht auf einer Wirkungslosigkeit der untersuchten n3-FS, sondern liegt in den zahlreichen methodischen Problemen begründet. Epidemiologische Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen der Aufnahme von n3-FS mit der Nahrung und der Alzheimer-Inzidenz liefern keine valide Evidenz; die Supplementation bei Gesunden ist ohne Einfluss auf die Alzheimer-Neuerkrankungsrate und bei bereits erkrankten Alzheimer-Patienten ohne Effekt auf klinisch relevante Endpunkte. Gleiches gilt für Morbus Parkinson. Bei den neuropsychiatrischen Erkrankungen ist allein für die Indikation der Depression die Wirksamkeit von Eicosapentaensäure (EPA)-Supplementen belegt.
Zukünftige Untersuchungen zum Stellenwert von n3-FS bei altersabhängigem kognitivem Leistungsverlust und Alzheimer-Demenz werden viel mehr als bisher die multifaktorielle Pathogenese, realistische Beobachtungszeiträume und eine pharmakologisch basierte Dosisfindung berücksichtigen müssen. In nächster Zeit sind zahlreiche Studien zur Rolle von n3-FS bei neuropsychiatrischen Erkrankungen zu erwarten, denn Indikationen wie Depression, ADHS und kindliche Lernstörungen eröffnen nicht nur neue Ernährungsaspekte, sondern bergen auch ein erhebliches ökonomisches Potenzial.
Schlüsselwörter: Omega-3-Fettsäuren, Docosahexaensäure (DHA), Eicosapentaensäure (EPA), Fischöl, Demenz, kognitive Funktionen, Hirnfunktion
Introduction
Although interest in the omega-3- fatty acids (n3-FAs) has mostly been concentrated on their possible cardiovascular effects (see article on page M596 in this issue), increasing attention is now being paid to their putative significance for cognitive function and in neurodegenerative diseases. As the prevalence of these diseases has been rising for years, we can expect a lively discussion of the role of nutrition and, particularly, of the n3-FAs in this context. The present review article presents the current state of research and explains the developments in this area.
Physiological significance
Neuronal development and brain structure
n3-FAs are essential elements in the assembly, maturation and physiological function of neuronal structures [1] (• Figure 1). Docosahexaenoic acid (DHA) accumulates in the brain of the fetus during neuronal development already in the third trimester of pregnancy; this process continues during the first two years of life [2, 3]. Optimal neuronal development is then highly dependent on the supply of long chain polyunsaturated fatty acids (LCPUFAs) [1].
Summary
It is generally accepted that omega-3-fatty acids (n3-FAs) are important for the development, physiology and (presumably) also the perfusion of the human brain. On the other hand, the available studies do not demonstrate that n3-FAs can protect against age-related loss of cognitive performance - even though this is supported by positive epidemiological correlations. It has not been shown that n3-FAs lead to improved cognitive performance or reduce the incidence of dementia. This may be due to the host of methodological problems, rather than any inherent lack of activity. Epidemiological studies on the correlation between n3-FA intake with food and the incidence of Alzheimer‘s disease do not provide any valid evidence. Supplementation does not influence the incidence of Alzheimer‘ s disease in healthy subjects and has no clinically relevant effects on patients with the disease. The same applies to Parkinson‘s disease. Depression is the only neuropsychiatric disease that can be demonstrably influenced by supplementation with eicosapentaenoic acid (EPA).
Future studies on the role of n3-FAs in age-related loss of cognitive performance should lay greater weight on the multifactorial pathogenesis of these conditions. They must employ realistic observation periods, and with pharmacologically based dose finding. In the near future, we can expect numerous studies on the role of n3-FAs in neuropsychiatric diseases, as indications such as depression, attention deficit hyperactivity disorder (ADHD) and learning difficulties in children open new vistas in nutritional science and are potentially of considerable economic importance.
Keywords: omega-3 fatty acids, docosahexaenoic acid (DHA), eicosapentaenoic acid (EPA), fish oil, dementia, cognitive function, brain function
Den vollständigen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 10/15 von Seite 170 bis 177.
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