Alimentum ultimum 11/01 (Das letzte Gericht)

Erwin war baff. Seine Frau, d. h. meine Berliner Cousine Elvira, hatte ihm vorgelesen: "Wer nichts spürt, also kein Einfühlungsvermögen, keine Sensibilität hat, wird zur Belastung. Führungskräfte mit der Sensibilität einer Kreissäge, der charismatischen Ausdünstung einer Kläranlage und dem Charme eines Zombies werden in den hoch emotionalen Märkten scheitern. Was nützt uns der schönste und höchste IQ, wenn wir emotionale Trottel sind?" Welch ein Glück, dass sich die Frage nicht an Erwin selbst richtete und das Ganze keine Bundesdrucksache über künftige Anforderungen an Volksvertreter und Beamte war! Um Gottes Willen nein, das alles hatte nur als Herausforderung an Ernährungs- und Diätberater in der Ernährungs-Umschau gestanden.

Damit konfrontiert, bescheinigte ich zumindest den Herstellern und Vertreibern von Haustierfuttermitteln, keine emotionalen Trottel zu sein. Denn weil die Anzahl der Haustiere relativ stabil blieb, hatten sie rechtzeitig erkannt, dass der absetzbaren Futtermenge Grenzen gesetzt waren. Also, folgerte die Branche verblüffend, müsse die Qualität in den Mittelpunkt rücken. Und siehe da: Die Hersteller setzten beizeiten auf "Premium-Qualität" und sicherten sich dadurch ein durchschnittliches Jahreswachstum von 10,9 %. Donnerwetter, staunte Erwin, und überlegte, wie er FROST & SULLIVAN als Unternehmensberater auch in die Bundeswaschmaschine am Spreebogen einschleusen könnte.

Urprünglich hätten Premiumprodukte zwar zu den seltenen Gütern gehört, die knapp und teuer waren und die einen Hauch von Luxus vermittelten, griff ich mit einem Privatissimum in Erwins Überlegungen ein. Aber von den Premiumvorreitern, den Brauereien, hinab zu den Futtermittelproduzenten habe der Weg des Begriffs parallel längst ebenso zum Total-Premium-Management geführt, was Hochqualität in allen Geschäftsbereichen bedeute und dem Kanzler sicher nicht bekannt sei. Vielleicht könnte man ihm bei dieser Gelegenheit und dem knappen Sitz seiner Jackets gleich jenes Fett ins Essen mogeln, das neuerdings schlank macht und mit dem der Jo-Jo-Effekt endlich sein Fett wegbekommen soll. Wo auch immer produziert, in Tschechien erprobt und beim Kanzler der Bundesrepublik Deutschland bewährt: Premiumqualität1. Dass darauf noch kein Werbetexter mit schönstem und hohen IQ gekommen ist! Gibt es da doch oder noch emotionale Trottel? Im Umfeld des eher leptosomen bayerischen Stentors jedenfalls stellt sich eine solche Frage gar nicht. EU11/01

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Johannes

 

 

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