Nachschlag: Start-ups: Fluch oder Segen
- 14.11.2022
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- Helmut Heseker
Noch keine zündende Geschäftsidee? Die Nahrungsergänzungsmittelbranche gilt selbst in Krisenzeiten als stabile Wachstumsbranche! Außerdem sind Fitness, Gesundheit und Selbstoptimierung die angesagten Trends und gutverdienende Millennials haben zwar (noch) Geld im Überfluss, bevorzugen aber aufgrund von Zeitmangel und Bequemlichkeit statt einer nervigen Ernährungsumstellung den einfachen Griff zur Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungssteigerung versprechenden Nährstoffpille.
Für ein Start-up braucht es nicht viel: Ein paar Ideen, etwas mehr Arbeit am Anfang, dann rollen die Euros und die Work-Life-Balance stimmt endlich. Am Anfang steht natürlich die Grundüberlegung: nur mit Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) handeln oder auch selbst herstellen? Keine Ahnung von Herstellung? Braucht es nicht: Es gibt doch Private-Label-Hersteller, die gern Ihre Aufträge annehmen, inkl. Produktkonzeption, Rezepturentwicklung, Marktbeobachtung, Lohnfertigung, lebensmittelrechtliche Aspekte. Natürlich brauchen Sie einen professionellen Businessplan, eine Unternehmensphilosophie, einige Marketingkenntnisse und eine innovative Produktidee – schließlich ist die Konkurrenz riesig. Daher gilt es Wünsche und Problemlagen einer finanzkräftigen Zielgruppe zu erkennen und ein entsprechendes Produkt zu kreieren, das glaubhaft (Ab-)hilfe schafft.
Wichtig dabei: ein klar erkennbares, zugkräftiges Alleinstellungsmerkmal Ihres Produkts! Biozertifiziert, nachhaltiger ökologischer Anbau und frei-von-XY gehen immer noch. Superfood sind inzwischen etwas ausgelatscht und NEM in Gummibärchenform gibt es schon. Dafür bieten exotische Pflanzenextrakte (Botanicals) aus der ayurvedischen, traditionellen chinesischen Medizin (TCM) oder der Naturheilkunde amerikanisch-indigener Völker, aufgepeppt mit einer einzigartigen, zielgruppenspezifischen Mischung von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, isolierten Aminosäuren oder n-3-Fettsäuren – vielleicht noch ein paar wohlklingende Vitalstoffe dazu und das ganze gepaart mit personalisierter Ernährung – unzählige Möglichkeiten für smarte Produkte.
Das Ganze schön eingepackt und mit informativen Etiketten versehen, ein Muster beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hinterlegen und die Vermarktung mit eigenem Online-Shop oder Amazon-Shop beginnen. Denken Sie auch an Instagram, TikTok, GoogleAds et al. als effiziente Marketingkanäle.
Klar, ein paar Gesetze und Verordnungen sind noch zu berücksichtigen – aber dazu gibt es clevere Berater, die auch die Schlupflöcher der Health Claims Verordnung kennen. Zur Kundenbindung sollten Sie gleich an einen Verkauf im Abo denken.
Sie haben Skrupel oder übertriebene Moralvorstellungen? Dann lieber doch kein NEM-Start-up, sondern irgendwas mit mehr Identifikationspotenzial?
Ihr Helmut Heseker
Den Nachschlag finden Sie wie auch die Vorschau auf die nächste Ausgabe in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 11/2022 auf Seite M640.
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