Editorial 01/09: Gar nicht zum Lachen!

Prof . Dr. Helmut
Erbersdobler, HerausgeberIn seinem Aufsatz auf Seite 34 f. in diesem Heft konstatiert Prof. V. PUDEL, dass in der Frage Ernährung und Gesundheit „weniger ein Informations-, sondern mehr ein Verhaltensdefizit vorliegt“. Noch drastischer formulierte Prof. M.J. MÜLLER vor einigen Jahren, dass „...wir heute in einer Gesellschaft leben, die mehrheitlich nicht ein gesundes Lebensstilmuster favorisiert“ . Prof. J. Westenhöfer (Interview ab S. 32) bestätigt dies erneut.

Empfehlungen zur Änderung des Ernährungsverhaltens lassen sich auch aus der Klimarelevanz unserer Ernährung ableiten, ein Aspekt, über den wir in letzter Zeit mehrfach berichtet haben (z. B. EU 55 [2008], 414 sowie 599). Hierzu ein weiteres Beispiel: Besonders bedenklich ist die Produktion von Lachgas (N2O) in der Landwirtschaft. Zwar trägt Lachgas derzeit nur zu 8% des Klimawandels bei, zählt aber neben Methan (14 %) und Kohlendioxid (ca. 77 %) zu den drei wichtigsten klimarelevanten Gasen. Es ist dabei pro Gewichtseinheit und berechnet auf einen 100-Jahreszeitraum 310-mal klimawirksamer als Kohlendioxid (Methan nur 21-mal).

Während die Strategien zur Reduktion von Kohlendioxid die ganze Welt bewegen und auch die Methanfreisetzung reduziert werden kann, sind die Probleme beim Lachgas kaum zu lösen. Der heutige, übermäßige Einsatz von Stickstoffdünger übersteigt die Abbaukapazitäten der Natur (photochemischer Abbau) bei Weitem. Nur ein geringer Anteil des Stickstoffs, der auf den Acker gelangt, landet im Mund. Der Rest geht ins Grundwasser oder in die Atmosphäre, wobei über verschiedene Kreisläufe immer wieder Lachgas entsteht.

Wir müssen nicht gleich alle zu Vegetariern werden. Aber ein gewisses Maßhalten wäre sinnvoll, z. B. beim Düngen und im Verzehr von Fleisch und Co. Letzteres trägt darüber hinaus zum Tierschutz bei und schont gleichzeitig Nahrungs- und Energieressourcen. Nicht zuletzt dient es der Gesundheit, wie viele Empfehlungen zur Prävention von Krebs (s. WCRF-Report EU 55 [2008], 606) und Herz-Kreislauferkrankungen zeigen. Es gibt also viele Gründe für den „gesunden Lebensstil“.

Zum Lachen ist dies alles nicht (so hoch sind die Konzentrationen noch nicht), denn angesichts unserer recht stabilen Ernährungsgewohnheiten und des steigenden Fleischverzehrs in den Schwellenländern, dürfte sich mittelfristig die Situation eher verschlimmern. Aber – vielleicht haben Sie noch keine Vorsätze für das Neue Jahr. Dann denken Sie mal über das Lachgas-Syndrom nach.

Ich wünsche Ihnen ein gutes Neues Jahr und viele lächelnde Tage

Ihr

Helmut Erbersdobler

 

Ich danke Herrn Prof. Dr. Klaus Butterbach-Bahl, Forschungszentrum Karlsruhe in der Helmholtz-Gemeinschaft, Institut für Meteorologie und Klimaforschung (IMK), Bereich Atmosphärische Umweltforschung (IMK-IFU), Garmisch-Partenkirchen, für wichtige Hinweise.

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