Zu guter Letzt: Nachhaltigkeit – einmal anders

Vor Weihnachten kaufte meine Frau Grünkohl am Biostand auf dem Markt. Er sah prima aus und wir freuten uns schon auf das Gemüse, das wir traditionell zur Gans essen. Bei der Zubereitung stellte sich jedoch heraus, dass große Teile des Kohls mit Hinterlassenschaften ehemaliger Bewohner kontaminiert waren. Diese ließen sich auch nicht so leicht abwaschen, sodass wir uns lediglich die „sauberen“ Partien aussuchten, die dann allerdings hervorragend schmeckten.

Was mich an eine Begebenheit vor Jahren in Thailand erinnerte: Wir besuchten damals in der Nähe von Chiang Mai einen königlichen landwirtschaftlichen Musterbetrieb, der nach ökologischen Kriterien arbeitete. Dort saßen in einer großen Halle viele Frauen, die Brokkoli in Folie verpackten. Vorher stießen sie aber die kleinen, prächtig aussehenden Stämmchen kräftig auf den Tisch. Auf unsere Nachfrage, was dies solle, zeigte eine Frau auf einige sattgrüne und sattgefressene Raupen. Auf meine sarkastische Bemerkung, da würden sich aber wohl einige Vögel freuen, hörte ich: „Nein, das sind Leckerbissen für unsere Landsleute und die sammeln wir, um sie zu verkaufen“.

Da ging mir auf, was Nachhaltigkeit in anderen Ländern auch bedeuten kann, und wer weiß, ob dieser zunächst finanzielle Mehrwert nicht auch eine biologische Bedeutung haben könnte. Ich meine das Vorstehende durchaus ernst, auch wenn der Text – wie zur Faschingszeit üblich – diesmal etwas lockerer daherkommt. Denn Nachhaltigkeit ist im Grunde eine alte Geschichte, wie wir kürzlich in dem Beitrag von Prof. LEITZMANN1 lesen konnten.

Dies zeigt auch folgendes Beispiel: In Schleswig-Holstein hatte bereits Ende des 19. Jahrhunderts ein früher Pionier der Fischerei die Austernfischer2 an der Westküste gewarnt, dass die Austernzucht untergehen würde, wenn sie in gewohnter Manier weiterproduzieren würden. Die Züchter hörten damals nicht und seit Langem gibt es (mit Ausnahme neuer kleinerer Bestände auf Sylt) in Nordfriesland keine Austern mehr. Hoffentlich passiert unserer heutigen Fischerei und ggf. den Produzenten von Bioenergie nicht Ähnliches.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie im Karneval nicht nur olle Kamellen ergattern sondern auch etwas Nachhaltiges!

Ihr

Helmut Erbersdobler

Den Artikel finden Sie in Ernährungs Umschau 02/12 auf Seite 120.

1Ernährungs Umschau 11/2011 S. 620–623
2Noch im 18. Jh. wurden z. B. im Auftrag von Katharina der Großen jährlich einige Tonnen
Austern aus Schleswig-Holstein nach Petersburg geliefert.

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