Editorial 04/09: Das tödliche Quartett – oder aller Übel Anfang?

Dipl. oec. troph.
Heike Recktenwald,
ChefredakteurinSchon immer gab es Menschen in Deutschland, die die „Idealmaße“, z. B. 90-60-90 und Konfektionsgröße 34 bei Frauen, nicht unbedingt erfüllt haben. Es gab sogar einmal eine Zeit, da wurde Übergewicht als Zeichen des Wohlstandes und der Gemütlichkeit gesehen. Diese Zeiten sind aber längst vorbei, denn Wissenschaft, Beratung und Politik beschäftigen sich mit dem Thema „Übergewicht, Adipositas und Metabolisches Syndrom“ als Problem, und das Problem heißt zurzeit: Zunahme der Kosten für das Gesundheitssystem!

Die Kosten im Gesundheitssystem – alleine für das Krankheitsbild Adipositas – belaufen sich derzeit auf ca. 13 Mrd. Euro, gefolgt von den Folgekosten und Folgeerkrankungen der Adipositas. Dem Thema Übergewicht begegnen wir als Ernährungsexperten seit vielen Jahren mit Geduld, Überzeugungskraft und mit einer nachhaltigen Wissensvermittlung zur richtigen Ernährungsweise. Doch leider nehmen die Menschen in Deutschland trotzdem weiter zu, 75 % der Männer und 59 % der Frauen in Deutschland sind „zu dick“ und der Trend geht weiter. Woran liegt das?

Die heute bekannten Facetten und Ursachen der Adipositas zeichnen das Bild eines ganzheitlichen, gesellschaftlichen und medizinischen Problemfeldes, das wir als Ernährungsexperten nicht alleine lösen können. Ein Problemfeld, das vor allem viel politische Aufmerksamkeit benötigen wird und die enge und strategisch abgestimmte Zusammenarbeit vieler Berufsgruppen. Eine Reihe von Präventionsprogrammen ist schon am Start und alle haben das Ziel, für mediale Aufmerksamkeit und Verhaltensänderung der Betroffenen zu sorgen. Leider ist die Gewichtsreduktion und -stabilisierung eine langfristige Angelegenheit. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg? Aber wo könnte man beginnen?

Welche Kriterien kennzeichnen beispielsweise das Metabolische Syndrom? Die Definition wurde in den letzten Jahren mehrfach geändert – die Frage kann weltweit offensichtlich noch nicht einheitlich beantwortet werden. Ist es die Definition der International Diabetes Federation oder der WHO? Wie können wissenschaftliche Aussagen künftig getroffen und verglichen werden? Fragen über Fragen… und leider (noch) keine gute Antworten!

Die Maßnahmen zur Bekämpfung und Therapie der Adipositas finden immer neue Wege; derzeit geht der Trend ab einem BMI >35 zum chirurgischen Eingriff. Die Ernährungsberatung zur Gewichtsreduzierung im bisher praktizierten Stil spricht größtenteils überwiegend die Ratio der betroffenen Menschen an. Eine Verhaltensänderung kann aber nur dann erfolgen, wenn die Bedürfnisse und Emotionen Berücksichtigung finden und Hilfestellungen für den Alltag und der Umgang mit der „Lebenswelt“ des Einzelnen geklärt sind.

Eine wahrhaft umfassende und facettenreiche Aufgabe, der wir uns künftig stellen müssen. Im Special der April-Ausgabe betrachten wir daher das Thema „Metabolisches Syndrom“ mit einem ganzheitlichen Blick von der Ernährungsmedizin bis hin zu Folgerkrankungen der Adipositas (S. 216 ff. und 224 ff.) und werfen einen Blick über die Landesgrenzen in die Schweiz (S. 222 ff.).

Im Rahmen des aktuellen DGE Kongresses hat die Ernährungs Umschau das Thema „Wird Dicksein uns zu teuer?“ aufgegriffen, lesen Sie den Nachbericht hier online oder ab S. 196 im Heft.

Ihre 
         
Heike Recktenwald

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