Editorial 5/2024: Definitionssache

Mit Ernährungsweisen ist das so eine Sache, es gibt gesundheitsförderliche wie die sog. Mediterranean Diet und weniger förderliche, z. B. die Western Diet. Um die eigene Gesundheit und zugleich die des Planeten zu unterstützen, gilt eine (überwiegend) pflanzenbasierte Ernährung als guter Ansatz, folgerichtig hat „plant-based“ in bestimmten Marktsegmenten große Zuwachsraten.

Also alles klar? Leider nicht. Um wissenschaftliche Untersuchungen zu gesundheitlichen Auswirkungen von Ernährungsweisen durchzuführen, ist es unverzichtbar, diese weltweit einheitlich zu definieren. Und dies ist bisher weder für die mediterrane Ernährung [1, 2] noch für die pflanzenbasierte Ernährung zufriedenstellend geschehen [3]. Die zusätzliche methodische Herausforderung, langfristige Ernährungsweisen nach Selbstauskunft korrekt zu klassifizieren, sei hier nur am Rande erwähnt. Allein die klare Definition bzw. Klassifikation hat es in sich, solange wir nicht über Biomarker klar monitoren können (und wollen), was Tausende von Proband*innen über viele Jahre täglich verzehren. Denn wir essen i. d. R. keine Definitionen, sondern Speisen. Und was wir essen, kann sich von Tag zu Tag, vor allem aber über längere Zeiträume verändern. Sei es bewusst, weil wir unsere Ernährung umstellen wollen, sei es unbewusst, weil wir veränderten Ernährungsumgebungen ausgesetzt sind und das Angebot bzw. Rezepturen sich ändern. Eine zusätzliche Herausforderung: Für wissenschaftliche Untersuchungen sollte eine Definition möglichst präzise sein, für die Kommunikation mit der Öffentlichkeit, als Empfehlungen im Sinne der FBDGs, sollte sie leicht zu merken, möglichst unmissverständlich und praktikabel sein.
In Ausgabe 7/2023 der ERNÄHRUNGS UMSCHAU publizierten Köder und Keller einen Vorschlag zur Definition pflanzenbasierter Ernährung [4]. In dieser vorliegenden Ausgabe nun setzen sich Fischer et al. mit dieser Definition auseinander [5] und schlagen einen anderen Berechnungsansatz vor. In unserer Rubrik „Im Fokus“ greifen wir bewusst solche aktuellen Debatten auf, damit sind Sie „live“ dabei, wenn wissenschaftliche Definitionen ausgehandelt und nachgeschärft werden.
Ganz undefinitorisch kommt zum Glück ein weiterer Tipp aus den aktuellen DGE-Empfehlungen daher: Genießen Sie Ihre Mahlzeiten, vielfältig, bunt und gerne auch in Gemeinschaft!

Ihr Udo Maid-Kohnert

 

Literatur______________________________________________________________________________

  1. Bach A, et al.: The use of indexes evaluating the adherence to the Mediterranean diet in epidemiological studies: a review. Public Health Nutr 2006; 9(1A): 132–46.
  2. Davis C, et al: Definition of the Mediterranean diet: a literature review. Nutrients 2015; 7(11): 9139–53.
  3. Satija A, et al.: Healthful and unhealthful plant-based diets and the risk of coronary heart disease in U.S. adults. JACC 2017; 70(4): 411–22.
  4. Köder C, Keller M: Pflanzenbasierte Ernährung: Begriffsbestimmung und Definitionen. Ernährungs Umschau 2023; 70(7): M428–32.
  5. Fischer T, Assmann M, Frenser M: Definition „pflanzenbasierte Ernährung“ – ein Anstoß zur Diskussion. Ernährungs Umschau 2024; 71(5): M292–8.


Dieses Editorial finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 5/2024 auf Seite M249.

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